Das Felskliff ist fünf Meter hoch

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elohym78 Avatar

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Endlich ist es soweit: Die Neueröffnung des Maison Gabin steht kurz bevor. Die Inhaberin Valérie Gabin möchte ihren Guide in die Zukunft führen und das alte, doch schon recht angestaubte Image durch Neuerungen hinter sich lassen. Selbst der französische Präsident hat sein Kommen angekündigt und der Presserummel ist enorm. Genauso wie die Sicherheitsvorkehrung. Doch keiner kann den Zwischenfall verhindert und die Veranstaltung wird aufgelöst. Als wäre dies noch nicht schlimm genug, wird auch noch der Guide Blue von 1939 gestohlen und ein Mord geschieht. Zeit, dass Xavier Kieffer, der ermittelnde Sternekoch seine Arbeit aufnimmt und sich auf die Jagd macht. Diesmal allerdings nicht ganz freiwillig und schnell gerät Kieffer in den Fokus ausländischer Geheimdienste, die sein Leben und das seiner Freunde bedrohen.

Das Cover zeigt ein französisches Nobelrestaurant, so wie ich es mir vorstelle: goldene Kerzenständer, wertvolles Porzellan, Kristallgläser und erlesene Gebäckstücke. Der Guide Blue, um den sich die Handlung dreht, steht leicht abseits, so dass er mir anfangs gar nicht aufgefallen ist, sondern erst nach mehrmaligem betrachten des Bildes und dann auch eher durch Zufall. Wie immer finde ich es toll zu Titel und Inhalt des Buches und der Serie gewählt, da alles widerspiegelt und sich gut in die anderen Coverbilder integriert.

Tom Hillenbrand ist für mich ein wunderbarer Autor! Er schreibt spannend und die Ideen seiner Kriminalromane finde ich stets sehr gelungen, weil es nichts Alltägliches ist, sondern mich in eine andere Welt entführt. Und zwar nicht in eine Welt der polizeilichen Ermittlungen, des Mordes und der Tatortermittlungen, sondern in die Welt des Kochens. Um genau zu sein, in die Welt der luxemburgischen Sterneküche. Besonders faszinierend finde ich das fundierte Hintergrundwissen, was leicht und locker einfach in die Handlung einfließt, ohne beschwerend zu wirken. Denn ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht, woher die Gänge-Küche kommt oder wie wertvoll Kriegsweine sind oder dergleichen. Quasi ungewollt erhielt mich ein interessantes Wissen, das ich immer wieder anführen und andere verblüffen kann. Natürlich habe ich einiges im Internet nach gelesen, aber Hillenbrand schreibt eben kein Fantasy.
Ich liebe die feine Ironie, den kaum zu merkenden Spott, den der Autor zwischen den Zeilen immer wieder aufblitzen lässt! Ob selbstkritisch, oder weil sein Protagonist einfach so ist, weiß ich nicht. Was ich weiß ist, dass ich es einfach toll finde und seine Bücher deswegen etwas einzigartiges haben. Sie ziehen mich schier magisch an und ich hoffe, dass Hillenbrand noch sehr viele Fälle in petto hat!
Völlig verblüfft hat mich, dass ich wirklich bis fast zur letzten Seite keinen blassen Schimmer hatte, wer der Täter ist und wie die Hintergründe wirklich sind. Ich habe über mich selber geschmunzelt, dass ich mich so von Hillenbrands Schreibstil einwickeln ließ, dass ich meine eigenen Gedanken und Überlegungen gänzlich außeracht ließ!

Die Charaktere gelingen Hillenbrand stets authentisch und absolut glaubwürdig. Besonders angetan hat es mir natürlich der luxemburgische Sternekoch Xavier Kieffer. Ich weiß nicht ob Hillenbrand das Rauchen wieder salonfähig machen möchte, finde die qualmende Art des Kochs jedoch liebenswert. Wenn er keuchend, prustend und jede Ducal verfluchend mal wieder rennt, kann ich mir ein Grinsen beim besten Willen nicht verkneifen. Irgendwie passt es zu seiner Ermittlungsarbeit, in die er ungewollt immer wieder hineingerät: Eben unkonventionell und zugleich zielgerichtet.
Mit Kieffers Lebensgefährtin Valérie Gabin, der Chefin des gleichnamigen Gastroführers werde ich hingegen absolut nicht warm. Sie wirkt zu unnahbar auf mich und lässt mich nicht wirklich in ihr Leben. Stets grübele ich, ob ich sie im nächsten band wohl noch mal treffen werde, oder ob Hillenbrand sie einen Heldentod sterben lässt - erstickt an einer Muschel oder so.
Mit Kieffers bestem Freund, dem EU-Beamten Pekka Vatanen hingegen, komme ich sehr gut zurecht. Er wirkt wie aus dem Leben gegriffen und ich finde, dass er sehr gut zu Xavier passt. Er lockert das Geschriebene irgendwie auf.

Mein Fazit
Mal wieder ein wunderbare Krimi, der mich fesselte, begeisterte und der mir von der ersten bis zur letzten Seite gefallen hat! Einfach toll!