(Ein oder) kein kulinarischer Krimi

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philipp.elph Avatar

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Zwar wird dieser Kriminalroman im Untertitel „Ein kulinarischer Krimi genannt“, aber wo der luxemburgische Koch Xavier Kieffer ermittelt, ist längst nicht so viel Kulinarisches drin, dass sich dieser Krimi so nennen sollte. Kieffer-Freunde werden sich über den Schnüffler auch in diesem fünften Buch der Reihe amüsieren, ihm die Daumen drücken, dass er das Geheimnis des 1939er Ausgabe des „Guide Gabin“ lüftet, das den Besitzern Ungemach und gar den Tod bringt.

Aber das Geheimnis – soviel sei verraten – ist ein ganz anderes, als bei einem „kulinarischen Krimi“ zu vermuten ist. Kieffer hat neben der Führung seines Restaurants und der Pflege seiner Beziehung zur Gabin-Erbin ganz anderes zu tun, als sich um Huesenziwwi und Gromperekicheler zu kümmern. Sein Weg geht in die Vergangenheit, speziell in die Zeit des zweiten Weltkriegs, mit einem Ereignis, an dessen Klärung selbst der (fiktive) gegenwärtige französische Präsident in höchstem Maße interessiert ist. So wird Kieffer in konspirativen Treffen gebrieft, gerät – wie nicht anders zu erwarten – in großen Schlamassel, nachdem der Meisterkochdetektiv lange nichts fand, was zur Lösung des Geheimnisses führte.

„Bisher habe er noch nichts gefunden. Allerdings wußte er auch nicht, was er eigentlich suchte“. Aber Kieffer wäre nicht Kieffer, wenn er nicht wie das Trüffelschwein den Schlauchpilz das Geheimnis erschnüffeln würde. Und dann:

Schließlich sitzt unser Held in der Gartenlaube zusammen mit seinem besten Kunden Vatanen bei Friture de la Moselle, daneben auf dem Tisch ein Salat, eine Fenchequiche, Oliven und ein Stück Ham, Luxemburger Schinken aus Ösling. Dazu gibt’s Weißwein und den Blick auf die Alzette. (Also doch ein bisschen Kulinarisches). Zur gleichen Zeit könnte in Paris der Präsident vor die Hunde gehen, während die Schicki-Micki-Systemgastronomie von Kieffers altem Kumpel Esteban in Berlin die Gästee mit einer Horrorsoße schockt.

Mit dem Seitenhieb auf die auf die neue Erscheinungsform der Gewinnmaximierung per System und Automatisierung in der derzeitigen Gastronomieszene hat der Autor dann auch in diesem Buch ein Stückchen Food/Gastronomie/Gesellschaftskritik geübt, dieses Mal traf es also nicht einen Lebensmittelkonzern wie Nestlé oder die Verantwortlichen für die Vernichtung der Bestände des Blauflossen- und des Roten Thuns.

Xavier Kieffer dagegen wird für seine Verdienste um die Erhaltung regionaler Speisen, besonders das Huesenziwwi, geehrt. Somit ist die Welt, zumindest um das Deux Eglises und seinen umtriebigen Meisterkochdetektiv wieder in Ordnung. Ein braver Ausgang der Story, die zeitweise einem Politthriller sehr nahe kam und keinesfalls als kulinarischer Krimi goutiert werden kann. Und wer nicht auf Kulinarik in diesem Roman fixiert ist, kann sich an dieser Zusammenstellung vorzüglich erquicken.