Ein Vorlese-Schmöker für Lesemuffel

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Emily soll ein Buch lesen. Ein Buch über 3 Frösche, und sie mag lesen überhaupt nicht. So wie viele Kinder heutzutage, liest Emily lieber Whatsapp Nachrichten oder schreibt mit ihren Freundinnen.

Das kommt mir sehr bekannt vor. Denn meine siebenjährige Tochter kann sich auch nicht erklären, warum Mama und Oma FREIWILLIG lesen.

Sie liest auch. Für die Schule. Genau die Anzahl an Seiten, die sie lesen muss. Keine Zeile mehr. Bücher sind langweilig.

Gut, dann habe ich das Buch eben den beiden kleinen Schwestern vorgelesen. Und die Große kam hinzu und lauschte der Geschichte. Wir lachten über die arme Emily, die sofort von ihrer Mutter dabei ertappt wurde, dass sie mit der Lektüre ihres Froschbuchs noch gar nicht begonnen hatte. Als sie dann noch - als bekennender Lesemuffel - ausgerechnet in eine Fantasiewelt gezogen wird, in der sie mit einem Vielleser ein Riesenbuch retten muss, zerschmolzen die Kinder fast vor Mitleid.

Ich als Mutter einer leseunlustigen Tochter und zwei Kindergartenkindern habe das Buch gerne vorgelesen. Hätte ich meine Tochter dazu bringen wollen, es selbst zu lesen, wäre ich kläglich gescheitert. Dazu waren es ihr zu wenig Bilder und zu viel Text.

Beim Vorlesen konnte ich zwar keine eigene Lesefreude bei ihr wecken. Was aber sehr wichtig für unsere Beziehung und für ihre Beziehung zu Büchern war ist ein anderer Aspekt: Die Buchhasserin Emily lernt bei ihrem Abenteuer, welche Macht von einem Buch ausgehen kann, wie es verzaubern und begeistern kann. Und wie man bei einem guten Buch die Welt um sich herum vergessen kann. Beim Vorlesen unterbrach mich mein Lesemuffel und stellte fest: "Ja, so ist es bei Oma und Mama. Wenn die ein richtig gutes Buch lesen, hören die nichts mehr und vergessen alles." Eine Weile später seufzte sie und sagte traurig: "Ich wünschte, ich würde auch einmal ein Buch finden, in das ich so eintauchen kann!"

Nun will sie fleißig lesen üben, denn sie denkt, dass flüssiges Lesen das Eintauchen erleichtert.

Nein, sie ist durch dieses Buch keine leidenschaftliche Leserin geworden. Nein, dieses Buch hat sie nicht in seinen Bann gezogen. Aber sie hat es quasi als Sachbuch und Ratgeber angesehen, aus dem sie gelernt hat, dass es Bücher gibt, die einen Leser so faszinieren können, dass er quasi in das Buch gezogen wird und die Geschichte nicht nur liest, sondern zu erleben glaubt.

Die Geschichte orientiert sich sehr gut an der Lebenswelt von Grundschülern und greift ein sehr wichtiges Thema auf, das mich täglich beschäftigt, weil ich selbst leidenschaftliche Leserin bin und hoffe, dass meine Töchter auch gerne lesen.