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heidersv Avatar

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„Die wahre Geschichte“ von Jarvis Jay Masters, der in der Todeszelle von San Quentin sitzend zum Buddhismus findet. Nicht etwa „nach einer wahren Begebenheit“, was ja der Beliebigkeit Tür und Tor öffnet, sondern tatsächlich real.
Jarvis ist natürlich schwarz, natürlich in den miesesten Verhältnissen aufgewachsen, die es nur gibt, ständig im Konflikt mit dem Gesetz, durch alle möglichen Maßnahmen und Arreste gegangen, also sozusagen der „klassische“ Todessträfling in den USA. Noch in San Quentin, wo er wegen diverser Raubüberfälle einsaß, radikalisiert er sich noch weiter, tritt einer gefürchteten schwarzen Gang bei. Und das wird ihm zum Verhängnis. Als ein Gefängniswärter ermordet wird, steht er urplötzlich vor Gericht, weil er angeblich das Messer hergestellt habe. Und er wird zum Tode verurteilt.
Viele Jahre lebt er in Isolation m Todestrakt, das ist noch eine Extra-Verschärfung der Haftbedingungen. Die UN nennt so etwas übrigens Folter. Eher zufällig kommt er zum Meditieren und nimmt Kontakt zu einem hohen buddhistischen Lehrer auf, der sich tatsächlich seiner annimmt. Und so durchläuft er 4 Schritte der Erkenntnis, und der Leser verfolgt diese. Rückschläge, Zweifel, und Verzweiflung inklusive.
Schritt 1: Leiden – also das Leiden überhaupt sehen, nicht nur das eigene.
Schritt 2: Die Ursache des Leidens – Jarvis stellt sich seinen Urängsten, seinen Kindheitserlebnissen und bekommt so einen besseren Blick auf sich selbst.
Schritt 3: Das Ende des Leidens – das ist eher der falsche Ausdruck, mag ein Übersetzungsfehler sein. Jarvis entdeckt sein „Mitleid“ (buchstäblich) für seine Mitgefangenen, die Wärter und für seine Umgebung. Inzwischen ist er durch eigene Publikationen einigermaßen bekannt geworden und viele Menschen schreiben ihm, teilen ihm ihre Nöte mit und er gibt ihnen Ratschläge. Im Gefängnis selbst sorgt er für mehr Frieden.
Schritt 4: Der Weg aus dem Leiden – Jarvis erkennt zum wiederholten Male, dass sein nicht endender Aufenthalt im Gefängnis, im Todestrakt auch etwas Gutes hat. Schon früher hat er einer weiteren Lehrerin im Gespräch anvertraut, dass er inzwischen auf der Straße tot gewesen wäre, hätte er weitergemacht wie vorher. Und jetzt, nachdem auch der erfolgversprechendste Ansatz eines Wiederaufnahmeverfahrens komplett gescheitert ist, kämpft er sich aus der Verzweiflung heraus und trifft folgenschwere Entscheidungen.
Das alles ist ausgesprochen interessant, allerdings teilweise auch langatmig. Die Realität im Gefängnis, ihre Beschreibung kommt doch etwas zu kurz und extrem dünn ist die Geschichte der vielen Gerichtsverfahren. Hier habe ich mehr erwartet. Das Buch bewirbt sich selbst mit dem „Buddhist in der Todeszelle“ und du erfährst ganz viel über den Buddhismus und sehr wenig über den Todestrakt.