Interessantes Buch

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elchi130 Avatar

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Das Leben von Jarvis Jay Masters ist geprägt von Armut und Gewalt. Im Alter von 19 Jahren wird er wegen 13-fachen bewaffneten Raubüberfalls zu 20 Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis San Quentin schließt er sich einer militanten Gang an. Als ein Mitglied der Gang einen Wärter ermordet, wird Jarvis der Mithilfe angeklagt und zum Tode verurteilt. Während dieser Zeit kommt er mit Meditation und dem Buddhismus in Berührung und folgt diesem Weg konsequent…

David Sheff beschreibt in seinem Buch „Gefangen und frei“ den buddhistischen Weg von Jarvis Jay Masters, der in der Todeszelle von San Quentin sitzt. Wir begegnen einem Mann, der seit seiner Geburt fast ausschließlich Gewalt und Verbrechen erfahren hat. Sein gewalttätiger Vater hat die Familie früh verlassen. Seine Mutter war drogensüchtig und hat die Sucht durch Prostitution finanziert. Auch die wechselnden Männerbekanntschaften der Mutter waren gewalttätig gegenüber der Mutter, Jarvis und seinen Geschwistern. Als Jarvis und seine Geschwister ins Heim und zu wechselnden Pflegefamilien kommen, erleben sie auch hier immer wieder Verrat und Gewalt. So gerät Jarvis in eine Spirale, die auch ihn zu einem gewalttätigen Mann und Verbrecher macht.

Erst im Gefängnis, als er Melody Ermachild, eine Kriminalistin, die von seiner Verteidigung beauftragt wurde, kennenlernt, kommt er mit Meditation und dem buddhistischen Glauben in Berührung. Zu Beginn wehrt er sich dagegen. Doch dann probiert er es aus und findet hier einen Weg, sich mit seiner Vergangenheit, seinen Zukunftsängsten und seinen Gefühlen auseinanderzusetzen.

Im Laufe des Buches wird die Entwicklung sichtbar von Jarvis, dem harten, gefühllosen Gangster zu Jarvis, dem gefühlvollen, bewussten Menschen. Diese Fortentwicklung ist in dem Buch sehr gut und nachvollziehbar dargestellt. Wir erfahren, wie Jarvis Fortschritte macht. Doch wir sehen auch, wo er hadert, strauchelt, zweifelt. Doch immer wieder steht er auf und geht seinen Weg weiter.

Im Laufe der Zeit findet Jarvis auf seinem Weg Lehrer, die ihn begleiten. Unter anderem die bekannte Buddhistin Pema Chödrön. Es bilden sich Gruppen, die für seine Freilassung kämpfen und erreichen wollen, dass das Gerichtsverfahren, welches ihm die Todesstrafe eingebracht hat, neu aufgerollt wird. Jarvis beteuert stets, dass er nichts mit der Ermordung des Wächters zu tun hatte und viele Menschen glauben ihm und kämpfen für ihn. Jarvis geht seinen buddhistischen Weg über mehr als 30 Jahre konsequent. Er baut sich einen großen Freundeskreis jenseits des Gefängnisses mit tiefen Freundschaften auf.

Aufgrund seines Glaubens findet Jarvis trotz seiner Gefangenschaft Erfüllung, Friede und Freiheit. Er führt ein erfüllteres Leben als so mancher Mensch, der in Freiheit den falschen Dingen hinterherjagt. Das Buch macht Mut, sich mit sich und seinem Leben auseinanderzusetzen, nicht vor seiner Vergangenheit und seinen Gefühlen zu fliehen.

Zum Schluss ist mir nicht ganz klar, ob der Autor David Sheff mit seinem Buch einen Menschen mit einem ungewöhnlichen Lebensweg darstellen wollte oder ob er hofft, dass er damit Jarvis und seinen Kampf für die Freiheit außerhalb der Gefängnismauern unterstützt. Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem. Nichtsdestotrotz ist „Gefangen und frei“ ein interessantes Buch über ein außergewöhnliches Leben.