Gehen - Mehr als Fortbewegung

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isaba Avatar

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Das kleine Büchlein "Gehen. Weiter gehen" ist wirklich interessant.
Die kurze Leseprobe hatte mich sehr angesprochen: Die Gegenüberstellung von jung und alt anhand der Fähigkeit, sich auf seinen Füßen sicher fortzubewegen hat etwas Rührendes und Philosophisches.

Bzgl. der Philosophie der Erzählungen des Autors wurde ich nicht enttäuscht. Jede Seite, ja, jeder Satz scheint wohl durchdacht und genau in den Kontext eingearbeitet. Der Schreibstil ist klar, emotional und dennoch gerade heraus formuliert. Ein Buch, das sicherlich nicht schnell geschrieben wurde, sondern mit Bedacht, vielen Gedanken und auch viel Recherche. Der Autor verwendet immer wieder verschiedene Quellen zur Untermauerung seiner Ansichten zum Thema Gehen, manchmal philosophischer, manchmal wissenschaftlicher Natur. Man spürt zu jeder Zeit die Leidenschaft für dieses Thema und kann sich die erlebten Abenteuer bildlich vorstellen.

Leider kann ich das Werk dennoch nicht gänzlich als gelungen bewerten. Dazu ist es meiner Einschätzung nach einfach nicht konsequent genug. Es steckt so viel Potenzial in den einzelnen Geschichten, die nur angerissen werden und dieses wird kaum entfaltet. Wir lesen von Spaziergängen durch L.A., zum Nord- und Südpol und sogar durch die Kanalisation von New York. Diese Erlebnisse nehmen den Leser sofort mit und ziehen in ihren Bann. Bevor man jedoch richtig einsteigen kann, ist die Sequenz schon wieder vorbei und der nächste Gedanke oder die nächste Erinnerung folgt. Wie schade, wo doch viel mehr Erlebnis zu Papier gebracht werden könnte. Der Grundidee des Buches hätte dies meiner Ansicht nach sehr gut getan, nicht geschadet.

Zudem scheint mir die Aneinanderreihung der Sequenzen willkürlich. Der rote Faden erschließt sich mir nicht. Vorteil von dieser Art zu schreiben ist natürlich, dass man jederzeit ins Buch einsteigen kann, egal, wo man es aufschlägt. Aber dazu scheint es mir zu wenig Sachbuch, um diesen Ansatz bedienen zu müssen. Hier habe ich mehr Logik im Aufbau erwartet. Des Weiteren sind leider viele gedankliche Ansätze nicht zuende gedacht. Nicht jeder ist in der glücklichen Situation, seiner Leidenschaft in dieser Intensität nachgehen zu können.

Dennoch gelingt es dem Autor, die Lust aufs Gehen zu steigern und sich bewusst zu machen, das Gehen einfach mehr ist als eine Art der Fortbewegung, sondern eine Einstellung.