Trifft den Zeitgeist

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lisbeth Avatar

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Titel und Cover von “Geht so” haben mich direkt angesprochen. Nach der Lektüre der Leseprobe ist mein Eindruck, dass beide präzise die Mentalität vieler heutiger Berufstätiger einfangen. „Geht so“ als Antwort auf Fragen wie “Wie geht’s dir?” oder “Wie läuft’s?” hat sich als Standardfloskel etabliert; selten ringt sich jemand zu einem aus ganzem Herzen ernst gemeinten “Gut” durch. Trotz persönlicher Herausforderungen gelingt es den meisten, ihre wahren Gefühle, nämlich die auf dem Cover dargestellte Erschöpfung, Lustlosigkeit und Apathie, zu verbergen. Daher fand ich den Einblick in das Doppelleben der Protagonistin Marisa sehr spannend. Als Führungskraft im Marketing muss sie funktionieren und den Schein der Produktivität wahren, obwohl sie in Wahrheit Aufgaben delegiert, Meetings gerade so erträgt und ihren Alltag nur mit Unterstützung von Beruhigungsmitteln bewältigen kann. Dabei steht ihr Leben im Widerspruch zu der „perfekten Welt“, die sie in ihrem Job mit zugeschnittenen Marketinglügen verkauft. Bei mir hat dieses Verhalten einen selbstironischen, fast paradoxen Leseeindruck hinterlassen, den ich gern weiter ergründen würde. Auch würde mich interessieren, ob “Geht so” mehr bietet als eine Neuinterpretation von Ottessa Moshfeghs „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“.