Eine geile Zeit – jäh unterbrochen

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räuberin Avatar

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Autor Niclas Seydack wagt eine Reise in seine Kindheit und Jugend – in die hedonistische Zeit der späten Neunziger Jahre, als wir, die Millennials, in unseren Plastiksesseln in unseren Kinderzimmern saßen, samstagabends "Wetten, dass ...?" mit den Eltern schauten und unsere größten Probleme schlechte Noten in ungeliebten Fächern waren. So auch beim Autor.
Für mich als weibliche Millennial war der männliche Blick auf diese Zeit interessant, weil mir tatsächlich manche Sachen nichts sagten, die laut meinem Mann aber alle kannten (Ich sage nur rotten.com ...).
Leider bricht Seydack seine Beschreibungen zu früh ab und nimmt sich nicht den Raum, für genau diese Zeit, in der ich gerne nostalgisch geschwelgt hätte. Viel zu früh kommt mit der Pandemie 2020 das jähe Erwachen. Ja, das Buch heißt im Untertitel "Autobiographie einer Generation", aber ein bisschen mehr Jugend und weniger Junges-Erwachsensein hätte es dann doch sein können.
Was ich mir ebenfalls gewünscht hätte: mehr Reflexion. Der Autor macht es sich ein bisschen zu bequem in der beschreibenden Rolle und nimmt kaum Stellung, hinterfragt z. B. nicht die ständige Zerstörungswut seiner Clique oder den Drogenkonsum. Es geht für meinen Geschmack zu sehr in die "Das war halt damals so"-Schiene.

Insgesamt habe ich das Buch gerne und sehr flott gelesen; Seydack hat einen angenehmen Schreibstil, der von seiner Rotzigkeit (so auch im Vorwort angekündigt) zur Zeit passt. Allerdings hat es hier und da seine Schwächen, der Autor springt immer mal wieder in der erzählten Zeit und durch seine Kurzweiligkeit ohne Tiefgang wird es mir sehr wahrscheinlich nicht lange im Gedächtnis bleiben.