Selbstmitleid statt Nostalgie

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kristina_al Avatar

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Im Interview, das zu Beginn des Buches zu finden ist, legt der Autor Niclas Seydack seine Beweggründe dafür dar, dieses Buch geschrieben zu haben. Einerseits möchte er der Generation seiner Eltern erklären, warum ihre Kinder so „deprimiert und hoffnungslos“ sind. Auf der anderen Seite richtet sich das Buch an die Millennials selbst, um besser zu verstehen, warum sie so geworden sind wie sie sind.



Kamen anfangs noch einigermaßen nostalgische Gefühle auf, wendete sich das Blatt bald und der Text wurde zu einer gewöhnungsbedürftigen Schilderung der Pubertät aus männlicher Sicht.

Etwas besser gefiel mir dann die Unizeit, als der Autor merkt, dass er doch in der Lage ist, gute Leistungen zu erbringen, allein aufgrund der Tatsache, dass man endlich etwas lernt, das einem Spaß macht. Das konnte ich sehr gut nachempfinden.

Der Rest aber ist eigentlich nur ein Gejammer über die Widrigkeiten und Bedrohungen, mit der die beschriebene Generation zu kämpfen hat.



Insgesamt ist mir das Buch einfach viel zu negativ geraten. Unter einer „geilen Zeit“ hatte ich mir etwas anderes vorgestellt, als noch einmal alle katatrophenähnlichen Nachrichten vom Amoklauf im Münchner Einkaufszentrum bis zum Copiloten, der aus Selbstmordabsicht ein Flugzeug aus Barcelona kommend an einer Felswand zerschellen ließ, aufgelistet zu bekommen.

Ich muss sagen, dass mich ein Buch selten so aufgeregt hat. Wenn die ganze Generation der Millennials so denkt und empfindet wie der Autor, dann haben die hier zitierten „Alten“ meiner Meinung nach recht, wenn sie sagen, die Jugend sei verweichlicht und halte nichts mehr aus. Wir alle sind mit diesen Themen, die hier angesprochen werden konfrontiert worden, ob als Kind, in der Jugend oder im Erwachsenenalter . Und natürlich hat auch einiges davon Auswirkungen auf unser Denken und Handeln. Doch anstatt sich dem positiv dagegenzustellen, versumpft man hier kollektiv in Hilflosigkeit und Erklärungsversuchen, warum man so deprimiert durchs Leben läuft.

Bis zum Schluss hatte ich noch auf etwas Konstruktives, ein Resümee, eine Botschaft o.ä. gewartet. Doch leider bleibt der Autor bei seinem „ wir haben es wirklich nicht leicht gehabt“ Ton und ich frage mich, was uns dieses Buch eigentlich sagen will.



„Geile Zeit“ ist das allererste Buch, das ich leider nur mit einem Stern bewerten kann, da es außer ein paar nostalgischen Momenten, meiner Meinung nach hoffentlich, kein realistisches Bild der Millennials zeichnet. Was für ein Buch sollen dann diejenigen schreiben, die 2024 in der Pubertät stecken? Corona hat sie voll erwischt, Deutschland steht schwächer da denn je, Krieg in Nahost und sogar in Europa! Man könnte die Liste noch ewig weiterführen.

Wir brauchen Strategien, um sich diesen Herausforderungen stellen zu können, keine Erklärungen oder Rechtfertigungen des Verhaltens für Generationen vor uns.