Spannender Auftakt mit interessanten Figuren

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England 2054. Der sechzehnjährigen Kyla wurden alle Erinnerungen an ihr früheres Leben genommen. Sie weiß nicht, wer sie ist und auch nicht, warum sie operiert wurde, nur dass jugendliche Deliquenten der Prozedur des “Slating” unterzogen werden, um sie wieder ihn die Gesellschaft einzugliedern.

Als in ihren Träumen immer wieder Ereignisse aufblitzen, die sie eigentlich nicht kennen dürfte, stellt das Mädchen fest, dass etwas an ihr anders ist als bei den anderen Slatern. Sind es ihre Erinnerungen, die sie aus Albträumen erwachen lassen? Hat sie wirklich als Terroristin einen Anschlag auf einen Schulbus verübt?

Auf der Suche nach der Wahrheit und ihrer eigenen Identität muss Kyla vorsichtig sein, denn scheinbar kann sie niemandem vertrauen.

 

Mit “Gelöscht” (Orinaltitel: Slated) legt die britische Autorin Teri Terry ihren ersten Roman und gleichzeitig einen gelungenen Auftakt einer spannenden, dystopischen Trilogie vor.

Eine Welt, in der mit ganz eigenen Mitteln gegen Terror, Gewalt und Nonkonformität gekämpft wird und wo Überwachung und Angst für Anpassung sorgen. Als Heilmittel für Traumata erfunden, wird das Slaten nunmehr als gesellschaftliches Korrektiv verwendet und mit einem ausgeklügelten Kontrollsystem perfektioniert. Bespitzelt, überwacht und von den Medien manipuliert, wagt es kaum jemand, seine Meinung zu sagen, und wer es dennoch tut, verschwindet spurlos.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive Kylas erzählt, was eine intensive Teilhabe an ihren Gedanken, Befürchtungen und Ängsten ermöglicht. Gleichzeitig kann der Leser auf diese Weise mit Kyla zusammen die neue Umgebung und die gesellschaftlichen Zusammenhänge entdecken. Kyla ist eine clevere, künstlerisch begabte Schülerin, die erst lernen muss, in den Gesichtern und Reaktionen ihrer Mitmenschen zu lesen. Zunehmend versteht sie es auch selbst, undurchschaubarer zu werden und sich so zu schützen. 

Der sympathischen Protagonistin werden etliche Nebenfiguren zur Seite gestellt, deren Motive lange Zeit undurchsichtig sind. Genau wie Kyla tappt der Leser zunächst im Dunkeln, wem man vertrauen kann und wer auf Kylas Seite steht.

Überhaupt liegt eine Stärke des Buches in der Entwicklung der Charaktere, die lebendig und authentisch sind. Besonders Kylas Veränderung von der stark verunsicherten, geslateten Außenseiterin zu einer mutigen, geradlinigen Kämpferin hat mir gut gefallen.

Die Liebesgeschichte (ja, natürlich gibt es auch hier eine) zwischen Kyla und dem Slater Ben ist unaufdringlich in leisen Tönen gezeichnet, konnte mich allerdings manchmal nicht vollends von ihrer Tiefe überzeugen. Zwar wird diese Beziehung nicht in den Mittelpunkt gerückt, dennoch spielt sie eine zunehmend wichtige Rolle für Kylas Motivation.

“Gelöscht” hat mich von der ersten Seite an gefesselt und sich zunehmend zu einem Pageturner entwickelt. Die vielen Fragen, die von Anfang an aufgeworfen werden und zu denen sich immer wieder neue gesellen, halten den Spannungsbogen hoch und wie es sich für den Auftakt einer Trilogie gehört, endet der erste Band mit einer Lösung, die Kyla und den Leser gleich vor neue Rätsel stellt, so dass man die Fortsetzung bereits herbeisehnt.

© Tintenelfe

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