Entstehung einer toxischen Beziehung

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„Manchmal sieht das Auge Dinge, die das dumme Herz nicht sehen kann"

Philipp und Faina, beides Außenseiter. Sie, weil sie als Kind aus der Ukraine nach Deutschland zieht und die Sprache kaum spricht, er aus einem zerrüttenden Elternhaus kommend. Schnell finden sich die beiden als Seelenverwandte wieder, verbringen ihre gesamte Kindheit zusammen und geben sich Halt, eine Zuflucht vor der Welt und den dysfunktionalen Familienverhältnissen, Anerkennung und Zuneigung. Doch Philipp entwickelt eine ungesunde Obsession, einen Besitzdrang, der ihre Freundschaft auseinanderdriften lässt. Als Jahre später die von einer Affäre schwangere Faina vor der Tür steht, rückt für ihn der Wunsch nach „geordneten Verhältnissen" und einer Zukunft mit seiner großen und einzigen Liebe wieder in greifbare Nahe.

Lana Lux schafft aus wechselnder Sicht der beiden Protagonisten, rückblickend die Entstehung und Hintergründe der alles andere als gesunden Beziehung aufzudecken. Dabei taucht man tief in die Charaktereigenschaften der beiden Hauptfiguren ab und dringt besonders durch den klaren und rohen Erzählstil tief in die Abgründe von Philipp ein. Durch die bereits hervor zusehende Entwicklung der Geschichte, achtet man von Beginn an auf die feinen Nuancen, die ersten „red flags" die sich in der Beziehung bereits seit frühster Kindheit zeigen. Mich hat beim lesen eine unfassbare Wut auf Philipp gepackt, seine ständige Versuche, sich sein eigenen Verhalten zu entschuldigen und die Verantwortung stets von sich zu schieben. Das Faina diese Entschuldigungen teilweise übernimmt, zeigt wie schnell eine Frau in eine Abhängigkeit gerät, ohne es zu bemerken.

Die Gefühle kochen während der Lektüre wirklich über, dramatisch spitzt sich die Situation zu und zieht uns Leser mit in das Dunkle. Man leidet und kämpft mit Faina, spurt ihre Angst, ihre Bedürftigkeit und ihre wieder aufkeimendes Selbstbewusstsein, den Wunsch nach Freiheit. Ein packendes, emotionales Leseerlebnis.