Suche nach dem Essentiellen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
pink Avatar

Von

Der Maler Leo, 37 Jahre alt, verheiratet und auf der Höhe seines Erfolgs ist anscheinend ein begnadeter aber auch sehr zerrissener Künstler. Das Interview zu Beginn der Leseprobe ist für ihn nur ein Spiel mit Worthülsen, notwendiges Übel, wenn man so erfolgreich ist und eine große Ausstellung ansteht. Schon hier gefiel mir die detaillierte Beschreibung des Interieurs, gleichsam einem Gemälde selbst.

Dem Journalisten fiel ein unfertiges Bild auf, wo das Gesicht einer Frau noch nicht ausgemalt ist, was uns in der Erinnerung Leo's einiges über sein Verhältnis zu seiner Frau Rahel sagt, die er hier auf diesem Gemälde eben noch nicht vervollständigen kann. Aber vor allem wird auch schon seine Zerrissenheit als Künstler deutlich, wenn er seinen Besuch mit Rahel im Prado beschreibt. Er verehrt vor allem Goya, der einen eigenen Blick auf die Welt malt und dabei jeden Pinselstrich auf das Essentielle reduziert und das verwirklicht hat, was Ziel ist für Leo, an das er aber seinem nicht heranzureichen vermag, obwohl die Kritiker das anders sehen: das Maximum des Ausdrucks in der Reduktion auf das Minimum zu erreichen. Auch hier gefiel mir wieder die genaue und detailfreudige Beschreibung der Kunst mit dem Blick des Künstlers, der sich verwirklichen will, der aber von Selbst-Zweifeln gequält wird.

Dabei ist es vor allem die "Übung in Eigensinn", die Leo imponiert, der er nachjagt, auch indem er sich mit Drogen vollgepumpt einer auschweifenden Orgie mit einem Sammlerfreund und mehreren Frauen hingibt,  exzessiv in einer hallizunierenden Bilderwelt gefangen, aus der er fast nicht mehr herauskommt, d.h. der Notarzt muß kommen und es ist gerade noch mal gutgegangen.

Seine Leidenschaft ist grenzwertig. Wohin treibt es Leo? Steuert er auf eine Katastrophe zu? Ich würde gerne weiterlesen, vor allem wegen des Schreibstils, der atemlos und facettenreich wie der Maler selbst genau dessen Lebensgefühl widerspiegelt.