Es plätschert so dahin

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missmarie Avatar

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"Von denen, die mich zuhause kennen, sind viele nicht gut auf mich zu sprechen, sie sind neidisch und böse auf mich, dass ich gegangen bin. Und von denen, die mit mir aufgebrochen sind, sind die einen hier und können nichts tun, nicht für sich und nicht für mich, und die oben wissen wohl nicht, wo ich bin."

Diese Selbstreflexion stellt der Eine - ein Skelett auf dem Meeresboden - an. Dort verbringt er eine nicht näher definierte Zeit mit dem Anderen und der Dritten - ebenfalls zwei Menschen, die das Meer verschluckt hat. Zum Zeitvertreib beginnen sich die drei von ihrer Herkunft zu erzählen. Während die Dritte sich recht verschlossen gibt, wird schnell klar, dass zwischen dem Einen und dem Anderen Welten aufeinandertreffen. Der Eine stammt aus Gambia und hat sich aus einem Zwang heraus auf ein Boot begeben. Der Andere ist weiß, vermutlich Europäer und ehemaliger Gast eines Kreuzfahrtschiffes.

Hier deuten sich bereits die spannenden Konstellationen in diesem Kammerspiel an. Ein privilegierter Mensch trifft auf einen allem Anschein nach Geflüchteten. Fragen nach Gerechtigkeit, persönlichem Schicksal und menschlichem Leid in der Flüchtlingskrise drängen sich auf. Leider verpasst es Root Leeb aber, an dieser Stelle eine klare Position herauszuarbeiten. Zwar werden all diese Themen irgendwie schon thematisiert – die drei Gesprächspartner kommen aber zu keinem Schluss. Das liegt nicht zuletzt an der manchmal schon enervierend ausgleichenden Haltung des Einen. Der Leser bleibt am Ende ratlos, denn die angeschnittenen Diskurse bieten dann doch zu wenig Anknüpfungspunkte, um selbst tiefgehender zu reflektieren. Stattdessen werden hier Aspekte aufgewärmt.- z.B. die unfairen Asylverfahren – die man so schon sehr oft gehört hat.

Root Leeb hat sich vermutlich bewusst für einen kammerspielartigen Roman entschieden. Der Text ist dialoglastig, die Erzählerpassgen („Poseidon, der Mächtige des Meeres zieht vorüber“) klingen fast wie Regieanweisungen. Insgesamt lässt sich die Romanhandlung auch gut auf einer Bühne vorstellen, eine Installation mit Lichtspielen im Wasser im Hintergrund. Diese dichte Szenenbeschreibung ist die Stärke des Romans und gleichzeitig auch seine Schwäche. Denn für ein Kammerstück ist „Gespräche auf dem Meeresgrund“ zu voll gepackt, der Roman will zu viel. Denn neben der Migrationsthematik geht es auch um Femizide und Feminismus, um Privilegien, Critical Whiteness, den Klimawandel und fanatische Imame. Für knapp 150 Seiten ist das einfach viel zu viel, als dass man eine angemessene Tiefe erreichen könnte. Zumal immer wieder Passagen aus der griechischen Mythologie entlehnt auftauchen. Das ist schade, denn die Grundidee eines Zusammentreffen auf dem Meeresgrund gepaart mit einem Sprachstil, der an Beckett erinnert, hat mich eigentlich stark angesprochen.