Im Wechsel der Gezeiten

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marapaya Avatar

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Als wäre das zurückfließende Meer im dichten Nebel nicht schon aufregend genug, da findet Villads beim Ausflug mit seinem Lehrer ins Watt auch noch eine Leiche im Sand. Und plötzlich stapft ein Riese durch die Nebelbank, schlägt den Lehrer k.o. und entführt den 11jährigen Jungen ins Unbekannte. Weil man ganz oben den Entführungsfall und den Leichenfund auf der Grenze zwischen Dänemark und Deutschland für die regionale Polizei zu groß findet, darf die Kopenhagener Kriminalassistentin Lykke Teits endlich ihre erste eigene Ermittlung leiten und bekommt dazu Unterstützung aus dem nahen Flensburg durch Rudi Lehmann. Gemeinsam versuchen sie in dem überschaubaren Dorf die undurchschaubaren Menschen einzuordnen und Licht in den Nebel zu bringen.
Ebbe und Flut finde ich ja super spannend, wahrscheinlich weil mir bisher eine echte Begegnung mit der Nordsee fehlt. Irgendwie kam ich bisher über Hamburg nie hinaus. Nebel bei der Wattwanderung hört sich für mich dazu nach einem echten Worst-Case-Szenario an und ich bin ehrlich beeindruckt, dass sich der niedergeschlagene Lehrer Lasse trotz Kopfwunde und einsetzender Flut zurück Richtung Land retten konnte. Dass die örtliche Polizei überfordert ist, wird schnell klar, weil man Lasse verdächtigt, an der Entführung des Jungen Anteil zu haben. Im Dorf ist die Stimmung sehr aufgeheizt, da vor einem Jahr die kleine Rosa verschwand und bisher keine Spur von ihr gefunden wurde. Ob Lykke nun allerdings die Richtige für den Job ist, muss sich noch beweisen. Sie kannte den Toten und ist sich unsicher, ob oder wann sie das ihrem deutschen Partner anvertrauen soll.
Dennis Jürgensen ist da ein durchaus spannender Ausflug an die dänische Nordseeküste gelungen, in der der Nebel sich erst allmählich und mit einigen Wendungen lichtet. Das auf den ersten Blick ungleiche Ermittlerpaar wirkt ganz sympathisch und biedert sich beim Leser nicht an. Die Perspektiven wurden klug gewählt, um den Spannungsbogen aufrecht zu halten. Und auch wenn ich von Anfang an das richtige Gefühl für den möglichen Täter hatte, konnte mich der Autor mit seiner Auflösung des kompletten Falles doch überraschen. Hin und wieder fand ich die Spuren etwas zu klar ausgelegt, um mich als Leser zu verwirren oder auf die falsche Spur zu bringen, das hätte gern etwas weniger offensichtlich geschrieben sein dürfen. Aber ein bisschen Luft nach oben darf ja noch sein, immerhin ist „Gezeitenmord“ der Auftakt einer neuen Reihe.