Ungewöhnliche Erzählweise, toller Umgang mit Sprache

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viv29 Avatar

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Der Klappentext hat mich gleich gereizt, er verspricht eine fundierte und facettenreiche Geschichte. Das Titelbild sprach mich ebenfalls an - kein kitschiges Frau-vor-Gebäude-Motiv, sondern ein passendes, atmosphärisches Bild, das den guten Eindruck des Klappentexts bestätigt.

Die Kapitelüberschriften gefallen mir hervorragend, sie sind originell und machen neugierig. Auch die Zeitsprünge von jeweils 5 Jahren wecken Neugier und deuten auf einen interessanten Aufbau der Geschichte hin. Das setzt sich in der Leseprobe fort - ein sehr passendes Schillerzitat und dann der Prolog in ungewöhnlicher Schrifttype. Schon auf diesen Seiten merkt man: hier kann jemand mit Sprache umgehen.

Die restliche Leseprobe: weiterhin ein toller Umgang mit Sprache. Unprätentiös und elegant. Sätze wie: "Zola blickte dem verspäteten Vogel hinterher, bis seine Kalligrafie flussabwärts verwischte und er selbst im Röhricht der Auen mit ihren
verborgenen Teichen verschwand." Herrlich! Ich habe ein Buch, in das ich besonders gelungene Sätze aus Büchern schreibe, und das hier ist absolut ein solcher Satz.

Das Erzähltempo ist, jedenfalls in der Leseprobe, noch geruhsam, das Buch ist atmosphärisch, schildert allerlei Beobachtungen und Gedanken, teils etwas skurril, teils eventuelle Vorboten auf dunkle Geschehnisse (z.B. Fritz, der "geistig ein Kleinkind bleiben" würde, was während der mörderischen Nazidiktatur Gefahr in sich trug).

Wie die Geschehnisse sich entfalten werden, ist noch nicht ganz ersichtlich. Das Buch ist definitiv ungewöhnlich, hat etwas Besonderes, das ich gerne näher kennenlernen würde.