Ein starkes Mädchen

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emmmbeee Avatar

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Andrea, bis zur Mitte des Buches nur «die Kleine» genannt, wird in eine beinahe archaische Welt hineingeboren, in der Höheres keinen Platz hat. Wegen ihrer Hüft-Fehlstellung und den X-Beinen ohnehin benachteiligt, erfährt sie Zuneigung nur von ihrer Grossmutter. In der Familie geht es einzig und allein darum, dass man zu essen hat und endlich halbwegs anständig wohnen kann.
Als die Pubertät einsetzt, sieht sich das Kind mit der Geilheit seiner Umgebung konfrontiert. Es spürt, wie stigmatisierend wachsende Brüste sein können. Als ein Kredit erreicht werden soll, wird das Mädchen gezielt eingesetzt, um den Vermittler, diesen schmierigen Kerl, günstig zu stimmen. Auch auf Zeltfesten fühlt sich Andrea für die Zwecke ihrer Eltern missbraucht.
Doch die starke Andrea kämpft sich durch das Leben, wenn es sein muss, auch mit Tritten ins Gesicht eines Lustmolchs. Sie weiss inzwischen, was sie will und wie sie es trotz ihres körperlichen Handicaps durchsetzen kann. Ihr junger Freund hingegen zaudert, sich den Wünschen seiner Familie zu widersetzen.
Kögl erzählt in volkstümlichen Ton, wie das einfache Volk (der Südsteiermark?) eben spricht. Doch etwa ab der Mitte des Romans ändert sich die Sprache merklich, hat weniger Dialektausdrücke, wird gepflegter, zeigt die geistige Wandlung Andreas. Was mir noch aufgefallen ist: Alle Vornamen beginnen mit A, ausser die von Personen, die deutlich aussen vor bleiben, etwa Gottwald und Andreas Eltern.
Sympathisch sind vor allem die Grossmutter und das Mädchen Andrea, das sich von nichts unterkriegen lässt. Bei Freund Arthur kommt sie mit den Schönheiten der Musik in Berührung und befindet sich mit ihm bald auf gleicher geistiger Höhe. Und das gönnt ihr der Leser von Herzen.
Mit Spannung und Tempo geschrieben, in lebendigem, farbigem Stil, ist es ein Buch, das ich aufs wärmste empfehlen kann. Das bescheiden gehaltene, nachdenklich wirkende Coverbild passt hervorragend zum Inhalt. Von Gabriele Kögl kenne ich bereits «Vorstadthimmel» und kann den guten Eindruck, den ich davon gewonnen habe, beim neuen Roman nur bestätigen.