Problemkind lässt sich nicht verbiegen

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brenda_wolf Avatar

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Mein erstes Buch der Autorin Gabriele Kögl ist gleich ein Glücksgriff. Die Autorin hat mit „Gipskind“ einen wundervollen Roman geschrieben, der mich in die sechziger Jahre zurückkatapultierte.

„Mit der Kleinen stimmt was nicht“, sagt die Oma. Die Kleine babbelt bereits mit neun Monaten, ist neugierig und aufgeweckt, macht jedoch keinerlei Anstalten aufzustehen. Tatsächlich wurde sie mit einer Hüftfehlstellung geboren und verbringt nun viel Zeit im Krankenhaus. Sie wächst in einem eher ärmlichen bäuerlichen Umfeld auf. Die Eltern haben keine Zeit für die Kleine, die Arbeit auf dem Hof frisst sie auf. Es herrscht ein zum Teil harscher Ton. Ich bin in dieser Zeit aufgewachsen. Kinder wurden damals nicht verzärtelt und verhätschelt, das ist schon wahr. Dennoch empfand ich die Mutter der Kleinen als extrem lieblos. Einzig die Oma nimmst sich der Kleinen an. Sie ist liebevoll und unterstützt sie, wo sie nur kann. Sie erkennt das Potential ihrer Enkeltochter, sie traut ihr alles zu.

Die Kleine entwickelt sich trotz ihrer Behinderung zu einer starken Persönlichkeit. Sie setzt ihren Kopf durch, lässt sich nicht den Mund verbieten, handelt sich lieber eine Ohrfeige ein, als zu schweigen. Sie weiß was sie will. Ihre schnelle Auffassungsgabe ermöglicht ihr den Wechsel in eine weiterführende Schule. Andrea, so heißt die Kleine, macht ihren Weg.

Der Schreibstil ist gut lesbar. Ich habe die sechziger/siebziger Jahre wiedererkannt. Die Musik, die Fernsehsendungen, die Tanzveranstaltungen, die ganze dörfliche Atmosphäre. Selbst die Denkweise von Andrea ist mir nicht fremd. Auch ich mochte es nicht, meinen Busen zur Schau zu stellen. Da haben sich die Zeiten stark verändert. Das Stadt-Land-Gefälle tritt in der Geschichte deutlich hervor. Es ist ein Entwicklungsroman, der Mut macht und zeigt, dass jeder, trotz Handikap, sein Ziel erreichen kann.

Mich hat der Roman begeistert. Ich empfehle ihn gerne weiter.