Suche nach Identität

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bücherliebe74 Avatar

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"Schmeißt meine Asche in einen Canyon. Und meine Gemälde ins Meer."
So lautet der letzte Wunsch von Ingrid Olssen, international bekannte und gefeierte Porträtmalerin.
Ihr Leben ist geprägt von ihrer Suche nach künstlerischer Selbstverwirklichung und Identität. Ein großer Teil nimmt die Sucht nach Aufputschmitteln, Beruhigungstabletten und Alkohol ein. Ihrem Erfolg auf der Kunstbühne der Welt, unter anderem der Biennale in Venedig, ist sie nicht gewachsen. Sie lebt und leidet für ihre Kunst, schwankt zwischen manischen und depressiven Phasen - und kann sich nicht in ihre Rolle als Mutter ihrer beiden Töchter Matilda und Nora einfinden.
Matilda und Nora wachsen lieblos und vernachlässigt im Haus der Mutter auf. Den Vater, ein Schauspieler, kennen sie nur aus dem Fernsehen und von kurzen Besuchen im Haus der Mutter. Matilda muss sich schon als Kind um die 9 Jahre jüngere Schwester kümmern, versorgt sie mit dem Notwendigsten und versucht sie zu Schützen vor den Ausschweifungen der Mutter. Als Matilda mit 16 Jahren schwanger wird, verlässt sie das Haus ihrer Mutter und damit auch ihre kleine Schwester. Sie kann nur sich selbst retten - aus einem Leben, das aus Vernachlässigung, Alkohol und Drogen, Lieblosigkeit, wechselnden Männerbekanntschaften, Beschimpfungen und tagelanger Abwesenheit ihrer Mutter besteht.
Jahre später, nach dem Tod der Mutter, werden beide von ihrer Geschichte eingeholt, als die Schwester und ehemalige Managerin ihrer Mutter, eine große Ausstellung im Museum of Modern Art in San Francisco mit den Werken ihrer Mutter plant.
Um dem letzten Wunsch ihrer Mutter nachzukommen und letztlich auch ihre Kindheitsgeschichte zu schützen, machen sich die Schwestern gemeinsam mit Matildas Tochter auf den Weg nach San Francisco.

Wird der gemeinsame Roadtrip quer durch die USA zur Chance, ihre Kindheit ein stückweit zu verarbeiten, sich zu versöhnen?
Schaffen sie es, die Ausstellung zu verhindern?
Oder erdrückt sie das Gewicht ihrer gemeinsamen Geschichte?

Das Buch ist keins, dass sich einfach weglesen lässt. Es geht tief und gibt Einblicke in die Seelen der beiden Schwestern, als Kinder und später als Erwachsene, immer auf der Suche nach der eigenen Identität.

Es handelt sich um fiktive Personen, allerdings vermittelt der intensive, dichte Schreibstil von Kirsty Capes den Eindruck eines Tatsachenromans.
Die eingeschobenen Auszüge aus Interview-Mitschriften beeinflussen den Spannungsbogen zusätzlich positiv.
Das Cover zeigt ein Porträt der beiden Schwestern, dass auch in der Handlung eine bedeutende Rolle spielt und somit eine Verbindung schafft. Der Farbschnitt ist ein Blickfang und beides gefällt mir gut.

Das Buch ist ein Highlight meines bisherigen Lesejahres und bekommt 5 von 5 Punkten!