Menschliche Verstrickungen

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heinoko Avatar

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Menschliche Verstrickungen
Mit einem furiosen Senkrechtstart beginnt das Buch: Dass der Retter dem Selbstmörder voranspringt und beide überleben, ist mehr als ungewöhnlich und zwingt den Leser sofort zum Weiterlesen. Der auf derart spektakuläre Weise gerettete Walter Keunert, ein Polizist, wird wenige Stunden später tot aufgefunden. Es sieht so aus, als sei er von der obersten Ebene eines Parkdecks heruntergesprungen. Martin Bauer, Polizei-Seelsorger, der vier Stunden vorher Walter Keunert gerettet hatte, glaubt nicht an einen nunmehr finalen Selbstmord und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Verschiedene Handlungsstränge tun sich auf, und je mehr Bauer unwissend, fast naiv, in den Welten der Prostitution, der Politik oder des Rauschgifts herumstochert, desto gefährlicher wird es für die Beteiligten…
Die vorgestellten Protagonisten entsprechen weitgehend dem jeweiligen Klischee (taffe Ermittlerin, denunzierender Kollege, engstirniger Chef, von Wut zerfressener Jugendlicher, cracksüchtiger Politiker usw. usw.) Herausragend fand ich persönlich die Darstellung der Persönlichkeit des Martin Bauer mit seinen Glaubens- und Selbstzweifeln und dem verzweifelten Wunsch, alles richtig zu machen, zu helfen ohne zu werten. Diese Person Martin Bauer und die vielen Verweise auf passende Bibelstellen im Alten und Neuen Testament geben dem Krimi etwas mehr Tiefgang als bei diesem Genre üblich. Der Spannungsbogen wird leider nicht durchgängig hochgehalten. Nach dem fulminanten Einstieg wird die Erzählweise langsamer, ist streckenweise etwas mühsamer zu lesen, aber im letzten Drittel nimmt die Geschichte wieder Fahrt auf und bleibt auf hohem Spannungsniveau bis zum Ende.
Insgesamt ein absolut lesenswerter Krimi für Leser, die sich nicht scheuen, beim Lesen auch einmal über existentielle Fragen nachzudenken.