Überzeugendes Krimidebüt!

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Darum geht's:

Der Polizeiseelsorger Martin Bauer wird zu einem Mann gerufen, der droht, von einer Rheinbrücke zu springen. Martin kann den Selbstmord des Polizisten für den Moment verhindern, aber noch am selben Tag bringt er sich doch um. Was hat den Familienvater dazu getrieben, sein Leben zu beenden? Oder war es gar kein Selbstmord? Martin Bauer fängt an, sich für die Hintergründe zu interessieren.

So fand ich's:

Dies ist wieder mal ein Fall von fehlerhaftem Klappentext. Wie man "sich mit seiner Dienstpistole erschießen" und "vom Parkhaus in den Tod springen" verwechseln kann, ist mir ein echtes Rätsel. Vor allem, weil der Tod durch einen Sturz aus großer Höhe in diesem Buch eine ziemlich große Rolle spielt und man damit ein kleines, aber sehr wichtiges Detail der Geschichte verändert. Ich habe den Kopf geschüttelt und mich - wieder mal - geärgert.

Ein Polizeiseelsorger als Protagonist ist mir neu und diese Perspektive hat mir sehr gut gefallen. Er hat einerseits weniger Kompetenzen als ein Ermittler, muss sich aber auch nicht unbedingt an die kurze Leine legen lassen, wie das der eigentlichen Ermittlerin Verena Dohr passiert. Er bekommt im Rahmen von Seelsorgegesprächen auch viel mehr Zugang zu den Leuten als bei einer polizeilichen Befragung. Martin Bauer ist gläubig, hadert aber auch manchmal mit seinem Gott. Man bekommt natürlich auch den einen oder anderen Bibelspruch, aber der Polizeiseelsorger entspricht nicht dem Klischee eines Geistlichen, sondern ist eher unangepasst und scheut nicht davor zurück, Ärger zu machen. Er versucht auch nie, Leute zu seinem Glauben zu bekehren. Dabei hat er die menschliche Seite immer im Blick. Dank seiner Teenager-Tochter, die sich heimlich zu einer Demo davongeschlichen hat, die gewalttätig zu werden droht, muss er sich auch privat Sorgen machen.

Die Erzählung pendelt zwischen schnellen Actionszenen, die das Kopfkino laufen lassen, und etwas ruhigeren Passagen, wie z. B. einem philosophisch angehauchten Gespräch mit einem Obdachlosen im Park. Auch die empfand ich nicht als langweilig, sondern zu Martin Bauers Charakter passend. Der Todesfall des Polizisten entwickelt sich zu einer Reise in das Rotlichtmilieu und in menschliche Abgründe, die man nicht nur aus Bauers Perspektive verfolgen kann. Die einzelnen Handlungsstränge verbinden sich irgendwann nahtlos und auf gelungene Art und Weise.

Oliver Siebeck macht als Sprecher einen sehr guten Job und liest so, dass man sich in der Story verlieren kann.

Inzwischen ist ein zweiter Band mit dem Titel "Tiefer denn die Hölle" erschienen, den ich als Print hier schon bereitliegen habe und sehr bald lesen werde. Denn der erste Band mit Martin Bauer hat mich überzeugt und gut unterhalten.