Das Erbe aus Tränen und Wut
Marc Sinan lässt in seinem Roman Gegenwart und Geschichte sehr geschickt ineinanderfließen. Kaan, der Hauptprotagonist wächst als Kind einer türkischen Mutter und eines deutschen Vaters am Stadtrand von München auf. Die Mutter, als etablierte, berufstätige Frau versucht möglichst wenig türkisches Leben und Identität zuzulassen und fördert und verwöhnt ihren Sohn. Kaan wächst als voll anerkannter Junge und Jugendlicher in seiner Umgebung auf. Er verliebt sich in Zizi, mit der er eine längere Liebesbeziehung durchlebt. Kaan wird ein erfolgreicher Musiker. Leider wird er jedoch auch selbstverliebt und egozentrisch. Seine Reise nach Istanbul wird zur Konfrontation mit der Familiengeschichte. Seine Großmutter hat als armenisches Kind den Genozid überlebt, weil es von der geflüchteten Mutter zur Adoption zurückgelassen wurde. In ihrer Ehe mit einem türkischen Geschäftsmann verleugnet auch sie ihre armenischen Wurzeln. Der Mord an der armenischen Volksgruppe durchzieht den Roman wie ein genetisches Erbe. Von den ertränkten Tränen der ermordeten Kinder bis zur Wut, die Kaan immer mehr auf den türkischen Präsidenten fokussiert, spannt sich der Bogen des Romans. Dabei wechselt er häufig zwischen den Zeiten und Orten, lässt viele türkische Sätze einfließen, springt in zu viele angerissene Themen und leider ist auch das Ende eher verwirrend. Lesenswert als Buch über ein traumatisches Erbe eines Völkermordes und generationsübergreifender Disposition.