Die verstörende Kraft gleißenden Lichtes

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Das Cover von "Gleißendes Licht" zeigt ein phantastisches Foto von oben auf den Bosporus, fast schwarzweiß, mit leuchtenden, eben gleißend hellen Wolkenbergen über der Meerenge zwischen den Kontinenten Europa und Asien, während Himmel und Erde in Düsternis versinken. Es gibt in diesem Licht keinen Horizont, die Grenzen verschwimmen. Hier klingt ein Thema des Romans an, die Kluft zwischen den Völkern und Kulturen diesseits und jenseits des Bosporus, und das zerrissene Leben eines Mannes mit deutschen, türkischen und armenischen Wurzeln, die Geschichte einer Familie zwischen diesen Welten. Der teils wohl autobiografisch beeinflusste Roman springt zwischen den Welten ebenso wie zwischen den Zeiten, scheinbar wahllos wechseln die einzelnen Episoden zwischen dem Frühjahr 1915 und November 2023. Es gibt keine geradlinige Geschichte, Erinnerungen und Erzählungen aus verschiedenen Zeitebenen mischen sich mit Erlebnissen der Gegenwart oder der jüngeren Vergangenheit, Projektionen in die Zukunft, Träumen, Wünschen und Obsessionen. Es geht um Erinnern und Vergessen, Rache und Vergebung, Täter und Opfer. So entsteht ein vielschichtiges Szenario aus starken Bildern und vielen angerissenen Geschichten. Sie fügen sich zu einer facettenreichen Erzählung, deren roten Faden sich die Leser selbst suchen müssen. Das macht die Lektüre nicht immer einfach, aber lohnend ist sie zweifellos.