Verwirrende Familiengeschichte

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throki Avatar

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Marc Sinan erzählt in diesem Buch die Geschichte von Kaan, der eindeutig autobiografische Züge trägt. Beide sind Abkömmlinge einer deutsch-türkisch-armenischen Familie, beide sind Musiker und beide versuchen die Vergangenheit zu verarbeiten. Allerdings nutzt Sinan eine freie Form der Erzählung, die mit phantastischen und märchenhaften Elementen angereichert ist.
Das Buch spielt auf mehreren Zeitebenen und beginnt im Jahr 1913 mit Erlebnissen seines Großvaters. Glücklicherweise sind die einzelnen Kapitel mit Daten gekennzeichnet und man behält sehr gut den Überblick über die Handlung.
Sprachlich hat mir das Buch sehr gut gefallen, allerdings muss ich inhaltlich einige Abstriche machen. Es beschäftigt sich nur wenig real mit dem Völkermord an den Armeniern, da verspricht der Klappentext etwas anderes. Viel eher befasst sich Sinan mit den Traumata, die eine Familie über Generationen beherrschen und von denen auch seine Hauptperson Kaan betroffen ist.
Allerdings ist Kaan ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Wie er seine Freundin behandelt, wie egozentrisch er ist und in Selbstmitleid badet - unerträglich. Man kann ja viele Dinge auf die Traumata der Kindheit zurückführen, aber irgendwann ist man auch erwachsen und kann sich nicht mehr dahinter verstecken. Irgendwann war ich davon nur noch genervt.
Der Schluss des Buches ist eher eine Traumsequenz, damit konnte ich mich auch nicht anfreunden. Ich hatte eigentlich erwartet mehr über das Drama des Völkermords an den Armeniern zu erfahren, aber meine Erwartungen waren falsch.