Zu viele bizarre und chaotische Episoden

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maesli Avatar

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Auszug Klappentext:
Als der Berliner Komponist Kaan für einen längeren Aufenthalt nach Istanbul reist, wird er mit Gewalt auf die verschüttete Geschichte seiner Familie gestoßen. Deutlich und unerwartet überkommt ihn das Trauma seiner Großmutter, die durch den Völkermord an den Armeniern zur Waise wurde.
Kaan beginnt sich zu erinnern: an seine Großeltern, sie Armenierin, er Türke, die in den Jahren der Republik unter Atatürk zu Wohlstand kamen, um am Ende doch alles zu verlieren. Als er beginnt, seine Familiengeschichte aufzuschreiben, erfasst ihn ein Wunsch nach Rache. Und nach Vergebung.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Ich habe dieses Buch ausgesucht, weil mich letztes Jahr Laura Cwiertnias Roman „Auf der Straße hießen wir anders“, in der sie die Geschichte ihrer armenischen Familie erzählt, sehr berührt hatte. Ich wollte mehr erfahren und die Leseprobe machte mich neugierig.
„Gleißendes Licht“ ist der Debütroman des bekannten Gitarristen und Komponisten Marc Sinan und beim Stöbern im Internet erfahre ich, dass er durchaus autobiografisch ist.
Normalerweise stören mich Erzählungen auf mehreren Zeitebenen nicht, ich mag es auch gern verwoben und kompliziert, das fordert mich beim Lesen. Hier aber ist das nicht optimal gelungen und die Geschichte zerfällt ins Unübersichtliche. Es fehlt mir eine Führung, die mich durch die ständig wechselnden Orte und Zeiten begleitet.
Die Erinnerungen an die Großeltern und die Aufzeichnung ihrer Geschichte ist sehr gelungen und ich fühle besonders mit der Großmutter, der das Schicksal hart zugesetzt hatte. Anders sieht es mit dem Icherzähler Kaan aus. Es zeigen sich relativ schnell ungewöhnliche Charakterzüge, die, als die Handlung in der Gegenwart spielt, klare psychotische Symptome annimmt. Ich bin verwirrt – ist das noch reeller Bezug zu Marc Sinans Person oder Fiktion? Was sich immer dahinter verbirgt, mich schreckt das ab, mit geistiger Krankheit habe ich meine Probleme.
Vielleicht hätte ich Kaans Zerrissenheit besser verstehen können, wenn die Handlung geordneter geschrieben stünde. Die Rache ist mit das stärkste und gefährlichste menschliche Gefühle und je kaltblütiger und berechnender sie ausgeführt wird, umso letaler ist ihr Resultat. Dass Kaan dieser schlussendlich nicht verfällt ist durchaus positiv, aber er kann sich von den Dämonen der alten armenischen Sage nicht befreien und bleibt für sich und seine Menschen eine gefährliche Mischung.

Fazit
Der Debütroman „Gleißendes Licht“ von Marc Sinan hätte Potential doch die chaotische Erzählweise und die psychotischen Episoden zerstören den Charme der sehr gelungenen Passagen.