Ein Einsteigerband der zwar spannend ist, aber Luft nach oben aufweist.

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sddsina Avatar

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Aufgefallen ist mir das Buch zum einen wegen des Covers und zum anderen wegen des spannenden Klappentextes. Schon lange lese ich gern Dystopien und auch wenn ich in letzter Zeit häufig etwas "Pech" mit meiner Buchauswahl hatte, klang die Geschichte so gut, dass ich mich mal wieder auf eine neue Trilogie einlassen wollte.
Der Anfang gefiel mir dann auch sehr gut. Twylla war mir als Charakter schnell sympathisch. Sie ist sehr einsam und hat sich ihrer Rolle zwar gefügt, hadert aber sehr stark mit ihrem Schicksal. Einzig ihr jahrlanger Wächter ist freundlich zu ihr, wahrt aber die nötige Distanz, sodass man selbst da von keiner Freundschaft sprechen kann. Die ersten Auftritte der Königsfamilie wirken kühl und man spürt als Leser umso mehr wie schlimm Twyllas Situation ist. Ich konnte mit ihr richtig mitfühlen und die Atmosphäre des Buches wird durch den sehr gelungenen Schreibstil durchgehend stark ausgestrahlt.
Ganz allgemein kann ich sagen, dass mir ein Großteil der Geschichte ausgesprochen gut gefällt. Neben der gut dargestellten Twylla erfährt man nach und nach alles Mögliche aus deren Vergangenheit: die innige Beziehung zur Schwester, die Mutter als Sündenesserin oder generell das herrschende Weltbild wie die Inzucht innerhalb der Königsfamilie. All das war für den Leser unheimlich faszinierend und die Welt kam mir total spannend vor. Gerade diese Passagen gehörten zu meinen absoluten Lieblingen. Dazu zählt z.B. auch das Märchen, um welches das gesamte Buch gestrickt wurde. Die Fantasie der Autorin hat mich beeindruckt und dafür gesorgt, dass ich Twyllas Welt und Glaube richtig spannend fand.

Warum für mich das Buch trotzdem kein Lieblingsbuch wird ist schnell zu erklären: ich konnte mit Lief nicht viel anfangen. Der freche Wächter, der durch seine unüberlegten Handlungen und Aussagen praktisch durchgehend sein Leben riskierte ging mir richtig auf die Nerven. Wirklich häufig habe ich mich gefragt, wie er in einem "vollbesetzten" Schloss so laut so dämliche Sachen sagen kann, ohne eine Szene später am Galgen zu hängen. So konnte ich natürlich nicht nachvollziehen, warum Twylla ihn erst spannend, dann attraktiv und später unwiderstehlich findet. Das ging mir - wie leider so oft in Jugendbüchern - einfach zu schnell.
Problematisch fand ich dann auch eine der letzten Szenen, wo um Lief ein Geheimnis gelüftet wird, das letztlich zu einem Umschwung von Twylla führt (ich will hier nicht spoilern). Wer das Buch gelesen hat, weiß sicher wovon ich rede und ich muss sagen, die Sache hat meine Meinung von Lief sicher nicht verbessert. Er hat so bescheuert versucht sich aus dem ganzen rauszureden, dass ich wirklich zufrieden mit Twylla war, als sie nicht eine Szene später wieder verliebt in seinen Armen liegt. Das mag jetzt recht negativ klingen, aber ich fand Lief als Charakter sogar recht spannend. Nur war mir diese erzwungene Liebesgeschichte einfach zu schnell und das Ende mit den beiden zu konstruiert. Ich hätte sie als Paar vielleicht sogar toll gefunden, wäre das Aufleben der Gefühle einfach ein wenig anders abgelaufen. Auch wenn Twylla stets als einsam beschrieben wird, konnte ich bei dieser Liebe überhaupt nicht mitfühlen und das finde ich immer schade.

Das Ende bleibt mehr oder weniger offen. Es gibt einen Cliffhanger, aber keinen so großen, dass ich jetzt Tagelang über die Lösung nachdenken muss. Alle sind ersteinmal in Sicherheit und warten auf die nächsten Geschehnisse, das diese kommen ist sicher, nur weiß eben keiner wann. Und so kann man das Buch erstmal schließen und gemütlich auf eine Fortsetzung warten.
Ich werde vermutlich auch in Band 2 noch reinlesen, da ich aber nicht weiß wann dieser erscheint, bin ich nicht sicher ob ich Band 1 bis dahin nicht komplett vergessen habe. Das hätte nicht sein müssen wenn Twylla & Lief für mich eine bessere Liebesgeschichte gehabt hätten. So bleibt mir zwar eine richtig interessante Welt in Erinnerung, aber auch viele ruhigere Kapitel, in denen es nur um die Beziehung zweier Charaktere geht, die mir wenig gefallen hat.

Fazit: Ich war sehr positiv überrascht wie gut mir Twylla als Protagonistin sowie die Beschreibungen um diese dystopische Welt gefielen. Hätte es die Autorin geschafft bei der Liebesgeschichte irgendwelche Emotionen hervorzurufen, hätte mir das Buch richtig gut gefallen. So ist es gut, für Teenager vielleicht sogar sehr gut, aber es bleibt nicht ewig im Gedächtnis und das offenere Ende beschäftigt mich schon 48 Std nach zuklappen des Buches praktisch gar nicht mehr. Ein zweiter Teil der dann erst nächstes Jahr erscheint, könnte es damit schwer haben bei mir einzuziehen.