Minderbemittelte Protagonistin

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archer Avatar

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Jess und ihre beste, megareiche Freundin Robyn melden sich in einem Sommercamp an. Schon bei der Hinfahrt passiert etwas Seltsames, das Jess hinterher als Albtraum bewertet. Im Camp angekommen begegnen ihnen schon in den ersten Minuten lauter seltsame Leute mit seltsamen Namen wie Athene, Apoll oder Hera. Und Jess läuft einem Jungen über den Weg, der sie vom ersten Moment an fasziniert - Cayden. Was sie nicht weiß, dem Leser aber von einem weiteren Erzähler mitgeteilt wird, ist: Cayden ist eigentlich Prometheus, der sterblich werden will und deshalb mit Zeus einen Pakt geschlossen hat: Wenn er ein Mädchen findet, das sich nicht von ihm flachlegen lässt, wird er sterblich.

Gleich vorneweg: Ich habe nicht viel erwartet, schließlich kannte ich von der Autorin schon Bookless 1. Und ich mag die griechische Mythologie, ich dachte, dafür könnte es Bonuspunkte geben. Wie hier aber eben jene geradezu missbraucht wird, um eine schrecklich schlechte Geschichte zu erzählen, ist unbeschreiblich. Es fängt schon mal mit dem Pakt an, der zumindest bei mir auf völliges Unverständnis trifft. Wie sollte das Flachlegen oder eben nicht für Sterblichkeit sorgen? Ich hatte die Sache mit dem petite mort immer anders verstanden. Aber okay, lassen wir das mal so stehen. Auch dass es sich bei den Göttern und Titanen (was Prometheus übrigens ist, kein Göttersohn) um Jugendliche mit ihrem ganzen Pubertätskrampf handelt, können wir außen vor lassen. Oder dass Zeus nichts Besseres zu tun hat, als nervigen Jugendlichen Altgriechisch beizubringen - hey, es könnte schlimmer sein, er könnte Strickkurse anbieten. Obwohl, nein. So, wie sich der Göttervater in diesem Buch anstellt (ich meine, was ist mit seinem mächtigen Zorn und seiner Allmacht passiert?), würde er sich wohl mit einer Stricknadel ein Auge ausstechen und Odin Konkurrenz machen. Aber diese dümmliche Handlung und die noch dümmlichere Protagonistin haben mich dermaßen aufgeregt, dass ich sehr schnell davor stand, das Buch zu zerreißen - und nicht nur so metaphorisch wie jetzt.

Beispiel: Cayden trifft auf Jess. "Na, bist du vielleicht ein bisschen dumm?"

Jess: Also, eigentlich sollte ich mir das nicht gefallen lassen ... aber hach! Er hat so schöne grüne Augen!

Cayden macht mit jedem Mädchen rum, das bei drei nicht auf dem Baum ist und trifft dann auf Jess, um ihr einfach mal random sinnlose Vorschriften zu machen:

Jess: "Ich mache, was ich will ... aber hach, er sieht sooooooooooooo gut aus! Gleich falle ich in Ohnmacht, oh, mein Gott, er hat mich angelächelt!"

Das geht die ganze Zeit so. Allgemein sind die Mädchen in dem Camp ALLE notgeil - das Wichtigste in ihrem Leben ist es, einen der Typen abzuschleppen. Nichts gegen ein bisschen Spaß, aber jede einzelne verliert dabei ihren Verstand. Welche Message soll damit überbracht werden? Hey, Mädchen, ihr seid zwar alle dumm wie Stroh, aber ist egal, Hauptsache, ihr angelt euch einen Boyfriend?

Nicht zu vergessen, dass jede vorkommende Person aus Pappmaschee besteht: die hinterhältige, "beste" Freundin, die neue beste Freundin, der sooooo gut aussehende Den-will-ich-haben-Typ. Die wurden in der Gegend aufgestellt, bekamen einen Stempel auf die Stirn und keiner bewies in irgendeiner Form Qualitäten, die ihn authentisch machten.

Ich zweifle gerade ein bisschen an der Menschheit. Und wenn Götter so sind wie hier beschrieben, dann an denen erst recht. Rant Ende.