Zwiespältig

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takabayashi Avatar

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Inspector Sean Duffy, Angehöriger der RUC - Royal Ulster Constabulary - ist der Protagonist einer Krimiserie, Gun Street Girl ist der vierte Band dieser Serie. Doch lässt sich der Roman auch gut als Einzelband lesen - ich kenne die ersten 3 Bände nicht, hatte aber keine Verständnisprobleme.
Es beginnt mit einem langen Nachteinsatz, bei dem eine aus RUC, MI 5, FBI etc zusammengesetzte Truppe einem Boot mit amerikanischen Waffenschmugglern am Strand aufgelauert hat. Kaum müde zu Hause angekommen, wird Duffy von seinem Sergeant McCrabban zu Hilfe gerufen; es geht um einen spektakulären Mordfall: ein Millionärsehepaar ist in seiner Luxusvilla erschossen worden. Eigentlich könnte McCrabban den Fall alleine bearbeiten, aber er braucht Duffys Hilfe in einem Zuständigkeitsgerangel mit einer anderen Polizeieinheit. Dieser Mord zieht noch weitere nach sich, wobei teilweise versucht wurde, diese wie Selbstmord aussehen zu lassen.
Als katholischer Bulle im protestantischen Nordirland ist Duffy ein Außenseiter. Seine Vorgeschichte ist eng verbunden mit Kate, einer MI 5 Agentin, dem titelgebenden "Gun Street Girl". In einem alten Fall hat Duffy ihr geholfen, daraufhin aber berufliche Schwierigkeiten bekommen, aus denen sie ihm wiederum herausgeholfen hat. Doch es ist keine rein berufliche Beziehung, zwischen den beiden knistert es auch gewaltig. Und Kate will ihn zur MI 5 holen, eine verlockende Aussicht! Weg aus dem Pulverfass Nordirland, wo man nicht in sein Auto steigen kann, ohne es vorher nach eventuellen Sprengladungen abzusuchen ... Dann ist da auch noch die junge Journalistin Sarah, zu der Duffy sich stark hingezogen fühlt. Doch Sarah scheint sich nur für Duffy zu interessieren, so lange er ihr nützliche Informationen liefert, die sie karrierefördernd einsetzen kann.
Duffy ist ein lässig-lakonischer Typ, auch ein ziemlich kaputter Typ, der zu exzessivem Alkohol- und Drogenkonsum neigt. In der Ich-Form flott geschrieben mit knackigen Dialogen gespickt und mit dem passenden Soundtrack unterlegt (Duffy berichtet, welche Songs und Platten er im Autoradio, bzw. zu Hause hört), Eindrücklich wird die bedrückende Atmosphäre im Nordirland der Achtziger Jahre geschildert, immer aus der Perspektive Duffys, der seinen Alltag immer weniger ertragen kann. Filz und Korruption behindern seine Arbeit.
Der sehr verzwickte Fall wird schließlich aufgeklärt, aber das ist leider erst gegen Ende einigermaßen spannend. Der unangepasste Bulle ist zwar eine interessante Figur, dennoch fand ich die Lektüre zeitweilig etwas zäh und das Buch hat keinen großen Sog auf mich ausgeübt, wie es mir sonst häufig bei Krimis geht, bei denen ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen will. Kein schlechtes Buch, aber keine "Unbedingt lesen!" - Empfehlung.