Fesselnder Roman mit wichtigem Thema

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monika85 Avatar

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In ihrem neuen Roman "Halbe Leben" erzählt Susanne Gregor die Geschichte der österreichischen Familie Steiner und der slowakischen Pflegekraft Paulína. Klara und Paulína befinden sich auf einer Bergwanderung, als das schreckliche Unglück geschieht. Die 38-jährige Klara, die im vierten Monat schwanger ist, stürzt 50 Meter in die Tiefe und stirbt auf dem Transport ins Krankenhaus. Was ist passiert, wie konnte es zu der Tragödie kommen?

In Rückblicken wird nun nach und nach das Leben von Klara, ihrer Mutter Irene und Paulína aufgeblättert.
Klara ist eine erfolgreiche Architektin, die mit ihrem Mann Konrad und der gemeinsamen Tochter Ada in einem großen Haus lebt. Ihr Alltag ist gut organisiert, Irene unterstützt die kleine Familie regelmäßig. Als sie einen Schlaganfall erleidet, kümmert sich Karla drei Monate lang um ihre vergessliche und zum Pflegefall gewordene Mutter. Von Konrad, der freiberuflich als Fotograf arbeitet, erhält sie dabei wenig Unterstützung. Schon bald stößt sie an ihre Grenzen, und die Familie beschließt, Irene zu sich in ihr Haus zu holen und von einer Pflegekraft betreuen zu lassen. Von nun an kümmert sich die Slowakin Paulína, die bereits ihre eigene Mutter gepflegt hat, um Irene. Sie arbeitet in wechselndem Rhythmus, zwei Wochen ist sie bei der Familie Steiner, danach für zwei Wochen in ihrer Heimat. Während ihrer Abwesenheit wird Irene von Radek betreut, einem Pfleger. Alle sind zufrieden, die Probleme scheinen gelöst.

Das Buch beschreibt sehr eindrucksvoll den Alltag der Familie Steiner und ihrer Pflegekraft, die sehr schnell die Herzen der Familienmitglieder gewinnt und für alle bald unentbehrlich wird. Paulínas Arbeitskraft wird geschätzt und honoriert, doch niemand interessiert sich wirklich für sie als Person, niemand bemerkt, wie sehr sie sich nach ihren beiden Kindern sehnt und welche Sorgen sie sich um ihre bei ihrer Schwiegermutter lebenden Söhne macht.

"Halbe Leben" hat mir sehr gut gefallen, ich mochte die schöne Sprache der Autorin und ihren ruhigen Erzählstil. Die Figuren hat sie bildhaft und authentisch gezeichnet. Das Buch hat mich vom Anfang bis zum Ende gefesselt und begeistert. Ich konnte mich gut in jede der Hauptpersonen hineinversetzen und ihre Handlungsweisen nachvollziehen. Die Geschichte verdeutlicht die Situation der osteuropäischen Pflegekräfte, die ihre Heimat verlassen, um ihre daheim gebliebenen Familien finanziell zu unterstützen, und beschreibt sehr eindrucksvoll die damit verbundenen Probleme und Belastungen.

Meine Lieblingsfigur war Paulína, die ein Leben zwischen zwei Welten führt. Die Autorin lässt uns tief in ihre Gefühls-und Gedankenwelt blicken, und ich konnte ihre innere Zerrissenheit und die Sorge um ihre Söhne, zu denen sie trotz häufiger Telefonate zunehmend den Zugang verliert, sehr gut nachempfinden. Ich mochte aber auch Klara, die sich ständig bemüht, allen Anforderungen gerecht zu werden, die sowohl von ihrer Familie als auch von ihrem Chef an sie gestellt werden. 

Absolute Leseempfehlung für die bewegende und berührende Geschichte, die mich betroffen gemacht hat und noch lange nachwirken wird.