Lebensklug

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mike nelson Avatar

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Lebensklug. In ihrem neuen Roman "Halbinsel" beschreibt Kristine Bilkau 'einfach so' die Geschehnisse der Sommermonate von Mai bis September - und dieses 'einfach so' hat eine gewaltige Tiefe, umfasst es doch die Kontexte 'Mensch und Natur', 'Weltgeschehen', 'Verlust und Ungewissheit', 'Mutter-Tochter - Beziehung' und 'Loslassen'. Doch warum der Titel Halbinsel? Zum einen, weil die Autorin in Küstennähe wohnt, und das Watt kennt, ein Ort mit zwei Seiten - die große Weite, die aber schnell ins Düster-Bedrohliche kippen kann. Und weil es um Ablösung und Trennung von Vergangenem geht, in diesen Sommermonaten. Es gibt nicht mehr das Ganze - eine Insel; es gibt nur noch das Halbe - eine Halbinsel. Die Bibliothekarin Annett, mitte Vierzig, hat vor über zehn Jahren ihren Mann verloren und wohnt allein in ihrem küstennahen Haus, mit neuen Nachbarn, einer 3-er-WG; aktuell erleidet ihre Tochter Linn bei einem Vortrag zur Umwelt- und Klimasituation einen Schwächeanfall, bricht ihre Zelte in der Großstadt ab und zieht zu ihrer Mutter, zunächst einmal nicht wissend, wie es für sie weitergehen kann. Annett erträgt es nur schwer, wie orientierungs- und ziellos ihre Tochter scheint; wünscht sich immer wieder ihren verstorbenen Mann herbei, bespricht sich immer wieder in Gedanken mit ihm. Annett beginnt auch sich selbst zu fragen, wie es denn für sie weitergehen kann - bleiben oder weggehen? Auch Annett sucht nach einer neuen Orientierung, was ihr aber erst bewusst wird, als Linn die übermäßige mütterliche Sorge und Fürsorge ablehnt. Das alte Leben loslassen und zu einem neuen aufbrechen... Mit viel Feingefühl und Empathie für ihre Figuren beschreibt Kristine Bilkau, wie es langsam zu Wandlungen kommt, der Last des Lebens ein wenig Zuversicht und Leichtigleit an die Seite gestellt wird, auch wenn es noch viele Herausforderungen zu meistern gilt. Unbedingte Leseempfehlung!