Eine Geschwister-Konstellation, die mich lange nicht mehr losgelassen hat.

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ismaela Avatar

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William Waters wächst mehr oder weniger unsichtbar auf, nachdem ein früher Schicksalsschlag seine Eltern emotional verstummen hat lassen. Nur im Basketballspiel findet er Freude und Erfüllung, und letztendlich auch ein neues Zuhause: er bekommt ein Stipendium einer angesehenen Uni in Chicago und lernt dort seine erste Freundin Julia kennen. Durch sie wird er in die innige und leicht verrückte Padavano-Familie integriert, und das erste Mal in seinem Leben erfährt er, was eine – zunächst – glückliche Familie ausmacht.
Mich hat dieses Buch lange nicht losgelassen und eine Rezension ist schwierig, ohne zu viel von der Geschichte zu verraten. Durch verschiedene Erzählperspektiven, abwechselnd aus der Sicht von William, von Julia und den übrigen Schwestern erzählten Episoden und Zeiträumen strickt die Autorin ein Kaleidoskop aus Persönlichkeiten, Emotionen, Erlebnissen, Träumen und Schicksalsschlägen. Die extrem enge Bindung der vier Padavano-Schwestern bekommt erste Risse, als der Vater plötzlich stirbt und die Mutter ihren Lebensabend ebenso plötzlich in einem anderen Bundesstaat verbringen will und geht. Die Scherben sind noch nicht lange wieder einigermaßen geklebt, als ein weiterer harter Schlag die Schwestern, zumindest teilweise, auseinandertreiben lässt.
In den ersten zwei Dritteln des Buches gelingt der Autorin ein fast schon atemloser Ablauf der Geschehnisse und Aufbau des Spannungsbogens. Die vier Schwestern, jede mit ihrer eigenen Persönlichkeit und Ecken und Kanten, ergänzen sich in fast jeder Hinsicht und sind so eng miteinander verwoben, dass William, als er Julia heiratet, ganz selbstverständlich von jeder der Schwestern mehr oder weniger vereinnahmt wird. Doch Williams Kindheit und ein Männlichkeitsbild, das ihm ein Leben vorschreibt, dass er nicht leben kann, führen zu einer Tragödie, die die Schwestern – und auch William – dazu zwingt, noch einmal ganz von vorn anzufangen. Die Entwicklung, die die einzelnen Personen hierbei durchlaufen und an ihnen wachsen, ist unglaublich gut beschrieben, wenn man auch die leiseren Töne zwischen den Zeilen bemerkt. Vielleicht braucht man dazu ebenfalls Geschwister, zu denen man ein ähnlich enges Verhältnis hat, dann kann man bestimmte Situationen in dieser Geschichte vielleicht besser nachvollziehen.
Das letzte Drittel fällt im Vergleich zu den ersten beiden dann leider ein bisschen ab, vielleicht, weil die Autorin einen Zeitsprung von über 20 Jahren abhandeln muss und dadurch die Personen ein bisschen verblassen. Erst in den letzten Kapiteln nimmt das Ganze dann noch einmal Fahrt auf und kommt – zumindest für mich – zu einem runden Ende.