Familie vor der Zerreißprobe

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Mit „Hallo du Schöne" hat Ann Napolitano einen ganz besonderen Familienroman geschrieben, der an Intensität und Dichte seinesgleichen sucht.
Das Buch schildert im Kern das Erwachsenwerden und den Lebensweg von vier Schwestern einer italienischstämmigen Familie in Chicago im Zeitraum zwischen 1963-1985, deren Wege sich mit dem von William, einem lieblos aufgewachsenen Einzelkind kreuzen. Während William mit den Folgen seiner schwierigen Jugend zu kämpfen hat und sein Selbstbewusstsein lediglich aus seiner Basketball Begabung ziehen kann, wachsen die vier Padavano Schwestern in einem zwar eher ärmlichen, aber sehr innigen, zugewandten Familienverband auf, geliebt vom unterschätzten, eher philosophisch veranlagte Vater, der die Erwartung seiner Ehefrau nicht erfüllen kann, seine Töchter hingegen in ihren Eigenarten erkennt und in ihren Fähigkeiten positiv bestärkt. Dominiert wird die Familie von der zielstrebigen Mutter Rose, die bestimmte Lebenswege und gesellschaftlichen Aufstieg für ihre Töchter vor Augen hat.
Erwählt von der ältesten Tochter Julia, die in William den Mann sieht, mit dem sie ihre klaren, karriereorientierten Lebenspläne umsetzen kann, wird William durch die Heirat mit ihr in den lebhaften, funktionierenden Familienverband aufgenommen. Dem ersten Anschein nach wendet sich Williams Leben zum Besseren, und er kann seine psychischen Schwierigkeiten zunächst verdrängen, nicht zuletzt auch durch seine voranschreitende Karriere als Basketballspieler.
Doch das Leben mit seinen unvorhergesehenen Wendungen und auch die Auswirkungen Williams verkorkster Kindheit durchkreuzen die Lebenspläne etlicher Beteiligter und der einstmals starke Familienverband bricht auseinander.
Die Großfamilie in ihrer ursprünglichen Form ist zerfallen und jede der Schwestern versucht, ihren Weg zu finden, um mit diesem Verlust und den damit einhergehenden Enttäuschungen fertig zu werden und im Leben ein bisschen Glück zu finden, wobei die beiden jüngsten Schwestern daneben versuchen, die Restfamilie zusammenzuhalten. Wenngleich nicht jedes Verhalten der Familienmitglieder vernünftig erscheint, hat es die Autorin verstanden, die Sichtweisen der einzelnen Beteiligten sehr empathisch und ausgesprochen eindrucksvoll wiederzugeben, wobei diese Entwicklungen jeweils aus Sicht der verschiedenen Protagonisten geschildert werden.
Ann Napolitano hat sensibel viele Themen aufgegriffen, die für eine Familie zur Belastung werden können, dies dabei, ohne ins Klischeehafte abzugleiten, so fesselnd und berührend beschrieben, dass man förmlich in das komplexe Familiengefüge mit seinen diversen Wirrungen hineingezogen wird.
Ein sehr intensiver, hochinteressanter und sehr gut zu lesender Familienroman, der aufzeigt, dass das Leben an sich nicht planbar ist, aber auch wie stark und belastbar Familienbande sein können, und die Liebe und der Mut zur Offenheit letztlich das verbindende und heilende Element in Krisensituationen sein kann. Ein Buch, das man gerne auch ein zweites Mal lesen wird, unbedingt zu empfehlen für Anhänger von guten Familienromanen!