Schöner, einfühlsamer Roman über Familie

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agathas Avatar

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Dieses Buch habe ich gerade erst aus der Hand gelegt und es ist einfach so toll, dass ich am liebsten sofort in die Welt schreien würde, wie gut es mir gefallen hat. Ich bin die älteste von vier Schwestern und Bücher, die sich um vier Schwestern drehen finden in mir immer eine dankbare Leserin – das war schon bei Louisa May Alcotts "Little Women" so und traf auch bei "Hallo, du Schöne" wieder zu.

"Little Women" wird tatsächlich immer wieder erwähnt. Es geht so weit, dass die Schwestern sagen „Heute bin ich Beth“, wenn sie sich nicht gut fühlen. Bei mir ist es schon länger her, dass ich Alcotts Roman gelesen habe, aber mir sind doch ein paar Übereinstimmungen zwischen den beiden aufgefallen. Das macht "Hallo, du Schöne" aber keineswegs zu einer Adaption von "Little Women"; es ist ein eigenständiger Roman mit einer anderen Handlung.

Ich war beim ersten Öffnen des Buchs überrascht, dass das Buch zu einem sehr großen Teil in den 1980er-Jahren spielt. Ich hatte mit Gegenwartsliteratur gerechnet (für mich ab 2000) und in meinen Augen merkte man an der verwendeten Sprache auch nicht, dass man sich 40 Jahre in der Vergangenheit befindet. Das fällt eher dadurch auf, dass die Schwestern teure Ferngespräche führen statt mit dem Handy anzurufen und an der Einstellung einiger Menschen im Buch zu Themen wie Schwangerschaft außerhalb der Ehe oder Homosexualität.

Letzteres war für mich übrigens eine der schönsten Überraschungen an "Hallo, du Schöne": eine der Schwestern ist lesbisch und die Frage nach ihrem Lebensglück und ihrer Lebensplanung spielt ebenfalls eine Rolle. Dabei wird aber eben auch dargestellt, dass die Hürden für homosexuelle Menschen in den 1980ern doch noch deutlich höher waren als heute.

Das größte Kunstück, das Ann Napolitano gelingt, ist, dass man sich immer gut in die Person einfühlen konnte, aus deren Sicht die Geschichte gerade erzählt wird – das sind Julia, Sylvie, William sowie dessen Tochter. Und ich konnte mich in die vier sogar dann einfühlen, wenn ich die von ihnen getroffenen Entscheidungen für falsch hielt. Insbesondere Julia ist mir mit ihrer Sturköpigkeit und dem Unwillen, Verständnis zu zeigen, häufig auf die Nerven gegangen und dennoch fühlte ich sehr mit ihr.

Ich weiß nicht, ob ich dem Buch ein Happy End bescheinigen würde. Aber es ist ein gefühlvolles, einfach schönes Buch über Liebe und Familie und wie auch die Abkehr davon massiven Einfluss auf unser Leben hat.