Dem Schicksal entgegen - mit Mut und Briefen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
r.e.r. Avatar

Von

"Mensch Hannes, das Frühjahr beginnt und du rührst dich nicht!" So schreibt Ulli eines Tages an seinen Freund Hannes. Hannes, sein bester Freund seit Kindertagen, der seit knapp sechs Wochen im Koma liegt. Eine Motorradtour mit seinem besten Freund. Eine lange Kurve. Ulli fuhr voraus. Freute sich zunächst, das der Freund nicht nachkam. Drehte dann doch um und fand seinen Freund im eigenen Blut. Seit diesem Tag ist nichts mehr wie vorher.

Rita Falk ist seit gut zwei Jahren bekannt, für unterhaltsame Krimikost der leichten Art. Mit ihrem kauzigen Ermittler Franz Eberhofer und dessen resoluter Oma hat Sie sich in die Herzen eines Millionenpublikums geschrieben. "Hannes" ist weder ein Krimi noch ist es leichte Kost. Doch unverkennbar ist hier Rita Falk am Werk, die mit leichter Hand das Schwere verständlich macht. Wie oft sitzt man über einer Zeitung, liest von einem solchen Unfall und stellt sich für kurze Zeit vor, "wie es wäre wenn". Wie es sein könnte, wenn der beste Freund plötzlich im Koma liegt, hat die Autorin hier beschrieben. In ihrer typisch einfachen Sprache und doch so eindringlich, das jedes Wort sitzt und dorthin trifft, wo es hingehört: gleichermaßen an Herz und Hirn gerichtet.

Ulli und Hannes, das waren zwei "wilde Burschen". Die Grundschuldirektorin, die Ulli nach dem Unfall trifft, bezeichnet die beiden als infernales Duo. Für sich alleine harmlos, aber zusammen wie Nitro und Glyzerin. Komisch denkt Ulli, so hat er das nie empfunden. Und schreibt es in dem Brief an den stummen Freund nieder. Die Briefe sind es die Ulli am Leben halten, die  ihn davon abhalten verrückt zu werden. Verrückt aus Wut, Schuldgefühl und auch aus Enttäuschung. Enttäuschung darüber, das der Freund nicht aufwacht, keine Fortschritte macht.

Die Briefe sind es auch, die dem Leser ein solches Schicksal verständlich machen. Wie reagieren die Eltern, die Freunde, das Umfeld. Die Geschichten die Falk dazu einfallen, sind ebenso anrührend wie aufwühlend. Die hysterische Mutter, der trinkende Vater, die hilflosen Freunde, die gleichgültigen Ärzte, die hassende Freundin. Was klischeehaft klingt, liest sich sehr persönlich. Falk findet die Quintessenz des Leids jeder einzelnen Figur und drückt die Gefühle durch Ulli aus. Nele, die Freundin die Ulli zunächst angreift, drückt es später so aus: Keiner kann dem anderen einen Vorwurf machen, alle leiden gleichermaßen

"Hannes" scheint dennoch kein Buch zum Mitleiden zu sein. Eher zum Mut machen, dass man das Schicksal ertragen kann, egal wie es kommt.