Der Moment, der alles veränderte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
büchersally Avatar

Von

Die erste Motorradtour des Jahres verändert das Leben von mehreren Menschen nachhaltig. Seit dem schicksalsschweren Tag liegt Hannes im Wachkoma. Sein Freund Uli möchte ihm später alles erzählen, was in der Zeit passiert ist und schreibt ihm fast täglich Briefe. Diese Briefe lassen auch den Leser am Hoffen und Leiden teilnehmen. Auf diese Weise lernt man die Familie und Freundeskreis um Hannes kennen und fühlt mit ihnen.

Rita Falk wechselt mit diesem Buch ihr gewohntes Genre. Kannten wir bisher von ihr nur die humorvollen Krimis, in denen die Charaktere leicht einfältig in bayerischer Mundart für Spannung sorgten, macht die Lektüre um den Komapatienten Hannes betroffen. Aus Sicht seines Freundes Uli erfährt der Leser, wie es dazu kommen konnte, dass ein junger Erwachsener bereits seit einem Jahr im Wachkoma liegt. Interessant sind die Einblicke, da Uli die ganze Geschichte schon kennt und hauptsächlich die Geschehnisse des aktuellen Jahres kommentiert. Beziehungen zu Eltern, Freunden und Kollegen werden als bekannt vorausgesetzt. Nur die vergangenen Handlungen werden eingeflochten, die ein Außenstehender zum Sinnverständnis benötigt.

Uli setzt sich eher unfreiwillig mit Emotionen auseinander, wenn er beispielsweise auf Hannes Freundin Nele trifft. Glaubhaft schildert die Autorin, wie es für das Umfeld eines Unfallopfers ist, wenn ihr Leben langsam wieder in geordneten Bahnen verläuft. Der Moment, der alles veränderte, wird erst langsam vom Bewusstsein aufgenommen. Die Beteiligten reagieren unterschiedlich mit ihrer Trauer, Wut, Verzweiflung oder auch das Leugnen, um das Geschehen gar nicht wahrhaben zu wollen. Uli kämpft gegen die ärztlichen Entscheidungen, organisiert Besuchsstunden, tröstet Eltern und Freunde und motiviert sich immer wieder selber durch seine Aufzeichnungen, die eigentlich Hannes gelten. Diese berührenden Darstellungen lassen auch beim Lesen ein Feuerwerk der Gefühle entstehen. Beeindruckend ist vor allem, dass der Schreibstil einem ungeübten Zivildienstleistenden entspricht und doch so mitreißend und lebendig ist. Diese Herausforderung hat die Autorin hervorragend bestanden. Hannes ist ein Buch, das ich zwar nach Gemütszustand nicht jedem weiterempfehlen würde, doch mit gutem Gewissen fünf Sterne vergebe.