Hannes

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bavaria123 Avatar

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Meine Meinung
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Von Rita Falk hatte ich bisher nur den Alpenkrimi „Winterkartoffelknödel“ gelesen. Ein Buch, das mich kurzweilig unterhalten hat, mehr aber auch nicht. Durch Zufall fiel mir dann dieses Werk in die Hände und erst beim Lesen der darin enthaltenen Biografie der Autorin kamen mir dann die Erinnerungen an den Krimi. Ich hatte somit keine großen Erwartungen an „Hannes“ und suchte nur ein wenig Unterhaltung.
Der Einstieg in die Geschichte ist sehr abrupt. Da hatte jemand einen Motorradunfall. So ein Unglück ist aber eben auch immer ein abrupter Eingriff ins Leben. Es kann jeden treffen und ich kenne es leider auch sehr genau. Denn bei einem Verkehrsunfall starb meine Mutter als ich gerade 10 Jahre alt war und bei einem ähnlichen Ereignis hätte es mich 2010 fast selbst aus dem Leben gerissen. Da fehlte nur eine Sekunde…
Hier aber hat der eine Protagonist Hannes Ellmeier überlebt. Allerdings liegt er im Koma auf einer Krankenstation. Sein Freund Uli Vorholzner besucht ihn nahezu täglich. Als Leser des Buches ist man eigentlich Leser der Briefe, die Uli an seinen Freund Hannes schreibt. Uli berichtet so für Hannes, damit dieser nach dem Koma Eindrücke der für ihn verlorenen Zeit haben soll. Uli schreibt aber auch für sich selbst, damit er all das Erlebte verarbeiten kann.
In diesem Briefstil verfasst Rita Falk eine wunderbare Geschichte über Freundschaft, über das Leben, über die Liebe, über Trauer, Schmerz und Verzweiflung. Sie versteht es, große Gefühle in eine teilweise sehr einfache Sprache zu verpacken. Die Grammatik in den Briefen, die Uli an Hannes schreibt, ist nicht immer korrekt, die Wortwahl nicht immer stubenrein, aber der Tenor ist solide. Die Briefe lesen sich flüssig und abwechslungsreich.
Man stelle sich vor, ein Angehöriger oder Freund befindet sich über einen längeren Zeitraum im Koma. Wie würde man dann mit diesem Zustand umgehen? Rita Falk zeigt in ihren verschiedenen Personen, die allesamt auf ihre Art einen interessanten Charakter haben, diverse Möglichkeiten, auf ein solches Ereignis zu reagieren. Jeder hat sein eigenes Muster mit dem Zustand des An- oder Zugehörigen umzugehen. Und jedem, der einmal an der Stelle von Hannes sein sollte, wünsche ich persönlich einen Freund wie Uli. Dieser Mann lässt sich nicht unterkriegen und hat sein großes Herz am richtigen Fleck. Er zeigt uns Lesern mit seinen einfachen Worten die großen Empfindungen und die wirklichen Werte des Lebens. Er macht alles menschenmögliche für seinen Freund. Vor allem ist er auf seine Art immer für ihn da.
Uli lebt diese Freundschaft zu Hannes im Täglichen. Durch ihn und seine Art des Umgehens mit der Situation kann man beim Lesen lachen und weinen, hoffen und bangen. Dabei wirken sein Verhalten und seine Gedanken nie unglaubwürdig, konstruiert oder kitschig. Nein, es überwiegt die Sensibilität und Einfühlsamkeit. Wobei Uli ein Mensch ist, der mitten im Leben steht, mit allem was dazu gehört. Würde es ihn wirklich geben, würde ich ihm vorschlagen, aus seiner Zeit als Zivildienstleistenden einen Lebensjob zu machen. Genau dort, wo anteilnehmende Menschen gebraucht werden, gehört dieser junge Mann mit seinem respektvollen Umgang mit Pflegebedürftigen hin.
Das Buch ist an manchen Stellen durch die Schilderungen von Uli durchaus humorvoll. Andererseits ist es auch traurig – aber nicht trostlos oder deprimierend. Als Leser kann man viel Gutes daraus entnehmen und sich ein Stück weit daraus bereichern. Die medizinischen Hintergründe werden auf ein nicht verzichtbares Minimum reduziert, was eine sehr gute Entscheidung ist.
Ich bin sehr überrascht von diesem Buch, vor allem weil ich nach dem Lesen von Rita Falks Krimi nicht gerade euphorisch gestimmt war. Hier ist ihr aber ein sehr fesselndes, beeindruckendes Buch gelungen.
Das Cover ist schlicht. Ich empfinde es als schön und als wunderbar passend für das Buch – Kastanienblätter mit einem Hauch von durchdringendem Licht. Wer das Buch gelesen hat, versteht, warum gerade dieses Bild so besonders treffend ist.
Ich vergebe hier gern fünf Sterne und eine Leseempfehlung.