So´ne dicke kleine Klosterfrau pafft gemütlich ein Zigarettchen

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Uli ist schockiert, als sein bester Freund Hannes nach einem Motoradunfall im Koma liegt. Er besucht ihn regelmäßig im Krankenhaus und glaubt an seinen Freund, auch als kein Anderer mehr zu hoffen wagt. Gemeinsam verleben sie ein Jahr- ganz anders als alle Jahre zuvor. In dieser Zeit schreibt Ulli Tagebuch, um es Hannes später zum Lesen zu geben, wenn er wieder aufwacht...

Rita Falk schreibt in ihrem Roman „Hannes“ von einer tiefen Freundschaft, von Krankheit und Glaube.

Auf seine Weise schreibt Uli von seiner Wut und Qual von den Unfallfolgen, der Hoffnung und Freude über kleine Fortschritte, die Hannes macht. Der Leser erfährt wenig über die einzelnen Charaktere, was wohl an der Form als Tagebuch liegt. So werden die einzelnen Personen aus Ulis Sicht knapp beschrieben und machen den Leser zu einem Fremden, der die Geschichte von außen betrachtet.

Mit Uli hat Rita Falk einen symphatischen Charakter als Hauptfigur entwickelt.

Ulis süddeutscher Dialekt _(„arg“)_ ist ansprechend und seine jugendlich/ umgangsprachliche Ausdrucksweise _(„nix“ und „so´ne dicke kleine Klosterfrau mit ´nem Riesenkreuz am Hals und pafft gemütlich ein Zigarettchen“)_ erstmal nett. Die Autorin meint es wohl gut, indem sie sich zusätzlich gehobener/ hochdeutscher Sprache _(„die Thematik längst wohl noch nicht ausgeschöpft“)_, mit einem Hang zur Poesie und zu Metaphern _(„alter Baumbestand hat vom Garten Besitz ergriffen“)_ bedient. Die Sprache ist in diesem Roman sehr interessant und auffallend aufgesetzt, nach einer gewissen Gewöhnung jedoch hinzunehmen.

Das Tagebuch als Dokument für Hannes bietet gleichzeitig Halt für Uli, der seine Gedanken und Gefühle in einem Prozess der Trauerbewältigung niederschreibt. Dabei wirkt Uli als Person sehr realistisch, was auch dadurch entsteht, dass der Inhalt lapidar, alltäglich, unbedeutend wirkt.

Erst am Ende des Buches offenbart sich, nach der seichten und lockeren Erzählung, ganz unaufdringlich und leise ein tieferer Kern. Es ist der Autorin gelungen ungezwungen und auf den zweiten Blick erkennbar auf eine tiefere Erkenntnis hinweisen zu wollen.

Die Geschichte rührt an, bringt zum Schmunzeln und macht wütend- genau so wie es sein sollte. Ein unerwartet kluges Buch, mit durchgehend vielfältiger und unpassender Ausdrucksweise.