Eiskalter Start ins neue Jahr

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Es ist Silvester. Irgendwo in Schweden macht sich ein Ehepaar auf den Weg zu einer Party. Smilla, die fast volljährige Tochter der beiden, veranstaltet zusammen mit ihrer Freundin Jennifer eine Party. Am nächsten Tag ist Jennifer spurlos verschwunden.

Cover und Schreibstil:
Das Cover von „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ hat, neben dem Klappentext, sofort mein Interesse geweckt. Das Cover zeigt mehrere Rosenknospen, die in einem Eisblock eingefroren sind, weswegen das Cover bei mir gleich auf dem ersten Blick zu einem unglaublich beklemmenden Gefühl geführt hat.

Auch der Schreibstil hat mich überzeugt, denn die Autorin Malin Stehn schafft es, gleichzeitig emotional und spannend zu schreiben. Die häufigen Perspektivenwechsel sind gelungen und helfen beim Spannungsaufbau.

Fazit:
„Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ ist ein Thriller (das Buch wird vom FISCHER Verlag als Thriller eingeordnet, auf dem Cover steht jedoch Roman!) mit Polarisierungspotenzial, was man zum Beispiel auch an den Bewertungen bei Amazon sieht.

Normaler Weise lese ich keine Bücher, in denen Kinder in Mordfälle verwickelt sind, sei es als TäterInnen oder Opfer. Da mich der Klappentext aber angesprochen hat, habe ich bei „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ eine Ausnahme gemacht, und ich wurde nicht enttäuscht. Mir persönlich hat dieses Buch sehr gut gefallen, weil es genau genau die richtige Mischung von „total normal“ und „Das gibt‘s doch nicht!“ hat.

Die Ausgangssituation – ein Ehepaar erlaubt seiner Tochter, eine Party zu Hause zu veranstalten und geht dann selbst zu einer anderen Party – ist aus dem Leben gegriffen und adressiert Urängste: Ab welchem Alter kann man seinem Kind erlauben, allein eine Party zu veranstalten? Habe ich eine Midlife-Crisis? Sind meine Freunde wirklich echte Freunde? Macht meine Ehe noch Sinn? Wie oberflächlich will ich sein, und wie oberflächlich darf ich sein? Dies alles sind Fragen, die wir uns immer wieder stellen. Auch die ProtagonistInnen in diesem Buch sind gezwungen, sich damit zu beschäftigen, ob sie wollen oder nicht.

In „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ wird der Alptraum jedes Elternteils wahr: eine junge Frau verschwindet einfach spurlos. Malin Stehn gelingt es, in ihrem Buch die verschiedenen Phasen, die man durchlebt, wenn eine geliebte Person vermisst wird, zu beschreiben. Jennifers Eltern sind nach einer durchzechten Nacht zunächst ein Stückweit mit sich selbst beschäftigt. Dann aber stellen sie fest, dass Jennifer nicht von der Party zurückgekehrt ist. Sie hoffen zunächst, dass es eine jugendliche Trotzreaktion oder Ähnliches ist, aber dann vergeht immer mehr Zeit, und die Hoffnung, dass Jennifer noch lebt, wird immer kleiner.

Abgesehen von diesem Haupthandlungsstrang gibt es in „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ noch viele Nebenhandlungen. So fallen nach und nach fallen die Masken, was nicht für alle Beteiligten angenehm ist. Und auch, wenn die Grundidee der Handlung (eine heile Welt, in der etwas wirklich Schreckliches passiert) nicht neu ist, ist das Buch um Einiges komplexer und tiefgründiger, als es zunächst den Anschein haben könnte. Wie erwartet, gibt es einen wahren Showdown mit einem überraschenden Ende, das mir ebenfalls sehr gefallen hat.

Hier noch ein beunruhigendes Zitat aus dem Buch:

„… egal, wie ich die Geschichte drehe und wende, ich komme immer zu dem Schluss, dass wir die Schuld tragen. Zumindest teilweise. Wenn wir den Mädchen nicht erlaubt hätten, in unserem Haus eine Party zu feiern, wäre das alles nicht passiert. Etwas anderes wäre passiert, aber nicht das.“ (Kindle-Position 1517).

Leseempfehlung:
Ich vergebe für „Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ sehr gerne fünf Sterne und empfehle das Buch allen Psychothriller-Fans.

Die Dauerleserin

Anmerkungen:

„Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum“ wurde von Maria Poets ins Deutsche übersetzt.