Happy Place oder: Harry(iet) Potter und das Buch, mit dem Emily Henry zu viel wollte und zu wenig rüberbrachte

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Happy Place oder: Harry(iet) Potter und das Buch, mit dem Emily Henry zu viel wollte und zu wenig rüberbrachte

Mein Happy Place ist ein Emily Henry Roman, in dem sich die Figuren nicht 300 Seiten lang verhalten, als wären sie von Teenie Fanfiction Autor:innen geschrieben worden. Seltsamerweise fühlte ich mich dadurch wie das dritte Rad am Wagen und gleichzeitig war die dargestellte Freundesgruppe unglaublich unrealistisch. Es gibt viel zu viele unnötige, kindische Dialoge. Der Schreibstil wirkte seltsam; zu viele kurze, fast eklipsenhafte Sätze. Es half auch nicht, dass ich keine einzige Figur ausstehen konnte. Es gab keinen Tiefgang, keine richtige Entwicklung der Figuren – etwas, was Emily Henry sonst exzellent kann. Dieses Mal war es sehr viel tell, fast kein show.
Es bricht mir ein bisschen da Herz, weil normalerweise überlege ich, ob ich Henrys Büchern 5 oder 4 Sterne geben soll; dieses Mal wusste ich nicht, ob es 1 Stern oder doch 2 werden.
Ich verstehen, was Herny für eine Geschichte erzählen wollte, aber es hat einfach nicht funktioniert. Sie wollte zu viel mit diesem Roman. Ab jetzt nicht mehr Spoiler frei.
Mein Lieblingsbuch von ihr ist “Kein Sommer ohne dich” und selbst bei dem Buch gefiel mir nicht, dass das große Geheimnis, das immer ganz mysteriös über allem schwebte, sich als gar nicht so groß rausstellte. In „Happy Place“ wird das auf die Spitze getrieben: hunderte Seiten lang wird vermieden, zu sagen, was denn jetzt zu Harriet und Wyns Trennung führte. Fehlkommunikation gibt’s häufig, aber hier fühlte es sich so an, als würde es künstlich übertrieben werden, um das Geheimnis länger (3/4 des Buches) aufrechtzuerhalten. Depression sollte nie als Plot Twist verwendet werden – noch schlimmer ist allerdings, dass es dann mit ein paar Seiten abgehandelt wird. Trauer und Pflegen von Angehörigen scheinen ebenfalls nur weitere Plot Points zu sein, die abgehakt werden; es gibt keine Tiefe. Das Gleiche kann gesagt werden über die Darstellung von Freundschaften, wie sie sich entwickeln, bzw. in diesem Fall, wie sie sich auflösen. Die ganzen kindischen Dialoge halfen nicht, um das Thema richtig rüber zu bringen. Familien können so kompliziert sein; Harriets Leben wurde ganz klar von der Beziehung ihrer Eltern zueinander beeinflusst, aber auch von deren Erwartungen an sie. Dennoch, es wirkte so konstruiert, als Neurochirurgie plötzlich nicht mehr ihr Traum ist und wie sie nach 10 Jahren Medizinstudium und Arbeit als Ärztin wie aus dem Nichts feststellt, dass sie den Geruch von Desinfektionsmitteln nicht ausstehen kann. Berufs- und Karrierepläne ändern sich, manchmal auch drastisch. Aber es wirkt irgendwie lächerlich, dass Harriet ihre medizinische Laufbahn dafür aufgibt, Töpferin zu werden – nachdem sie grademal ein paar Wochen einen Kurs gemacht hat und selbst zugibt, nicht gut darin zu sein. Es hilft auch nicht, dass nach 300 Seiten Teenager ähnlichen Mätzchen plötzlich alles ganz glatt und sauber abgewickelt wird.
Sehr schade, ich hatte mich so lange gefreut auf das neue Emily Henry Buch. Jetzt muss ich hoffen, dass der nächste Roman wieder besser wird.