3,5* Unterhaltsamer Reihenauftakt mit Potential und Schwächen

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lovely_lila Avatar

Von

~ Der Roman in 4 Worten (oder Wortgruppen): Unterhaltsam, flüssig zu lesen, klischeehaft, oberflächlich. ~


*Die Rezension enthält Spoiler, vor denen aber noch einmal gewarnt wird. *


Inhalt

Für Erica Hathaway beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Endlich hat sie ihr Studium abgeschlossen und kann sich ihrem schon in der Studienzeit gegründeten Internet-Startup vollkommen widmen. Bei einem wichtigen Investorengespräch lernt sie Blake Landon kennen – einen sehr attraktiven Selfmade-Millionär. Leider scheint der nicht besonders begeistert von ihrer Präsentation zu sein – er stellt unpassende Fragen und lässt sie als lächerlich dastehen. Als Erica ihn später in einem Casino wiedertrifft, kann sie nicht leugnen, dass sie sich dennoch zu ihm hingezogen fühlt. Und auch Landon scheint interessiert…

Warum habe ich dieses Buch gelesen?

Als sich die Chance bot, das Buch vor dem Erscheinungstermin zu lesen, musste ich diese natürlich ergreifen. Immerhin wurde das Buch als Bestseller angepriesen, der schon Millionen begeistert hat. Entsprechend hoch waren die Erwartungen. Auch wenn das eigentlich nicht mein Lieblingsgenre ist, bin ich doch immer wieder offen für Abwechslung und freute mich darauf, dieses Mal mitreden zu können, falls es wieder so einen Hype wie um „Fifty Shades of Grey“ gäbe.

Meine Meinung

Zuerst einmal muss ich das wunderschöne Cover loben, das in seinem Gold-Ton sehr elegant und edel wirkt. Man würde gar nicht vermuten, dass es sich hier um einen erotischen Roman handelt, was ich sehr gut finde.

Entsprechend des niveauvollen Covers, zeigt sich auch der Schreibstil. Auch wenn es viel Erotik in diesem Roman gibt, wird es niemals billig und Worte wie das verhasste F-Wort für ein bestimmtes Körperteil werden hier vermieden. Es gefällt mir, dass die Dinge (mit kleinen Ausrutschern) einfach bei ihren richtigen Namen genannt werden und dass sich die Autorin auch keine schwülstigen Umschreibungen einfallen lässt. Generell ist der Schreibstil sehr flüssig und angenehm (besonders die Gesichtmimik wurde gelungen beschrieben) zu lesen, wenn er auch stellenweise sehr einfach (zu einfach!) wirkt. Immer wieder verwendet die Autorin leider auch Floskeln und derart übertriebene Beschreibungen, dass es beinahe wirkt, als wäre dieses Buch eine Satire auf sich selbst. Toll finde ich, dass uns die Autorin offenbar dringend helfen will, unseren Wortschatz zu erweitern. Damit wir uns die neuen Worte auch ja gut merken, verwendet sie sie seeehr oft. Das Wort, das ich meine, ist „Zungenschläge“, ein Ausdruck, den die Autorin bei jeder Gelegenheit benutzt – also sehr häufig. Am Anfang staunte ich noch über das seltsame, unromantische Wort, bei jeder weiteren Verwendung musste ich grinsen, da wurde es für mich ungewollt komisch. Dennoch: Vom Schreibstil her auf jeden Fall (puh!) angenehmer und besser als „Fifty Shades of Grey“ und es wird vielleicht gerade durch die Einfachheit des Stils einige Wenigleser zum Lesen verführen.

Was die Personen betrifft, stolpert man hier leider immer wieder über Klischees. Es gibt den undurchschaubaren, sexy Millionär (Geheimnisse inklusive), die Freundin, die bei jeder Gelegenheit betont, dass der Millionär die Hauptperson anstarrt und toll findet (zum Glück bekommt Allie im Laufe der Geschichte etwas mehr Textur), und auch bei der Handlung gibt es ein paar Dinge, die man so doch schon öfters gelesen hat.

Doch zuerst zu Mr. Landon. Vor allem am Beginn, und das wurde auch von einer anderen Person schon erwähnt, tat ich mir schwer mit Blake. Einerseits ist er natürlich der Inbegriff von Perfektion (perfekt definierter Waschbrettbauch, wunderschönes Gesicht, seidiges Haar), andererseits leckt er sich dauernd über die Lippen (??). Auf mich wirkte das nicht sehr verführerisch, eher ziemlich lüstern. Noch etwas: Warum muss immer wieder betont werden, wie toll, groß und prächtig ein ganz bestimmter Körperteil ist? Man hätte es von mir aus einmal erwähnen können, aber jedes Mal? Das ist wirklich übertrieben und unnötig. Im Laufe des Buches lernt man Blake immer besser kennen, und ich habe ihn auch schätzen gelernt. Er ist der starke Held, der Erica beschützt und gleichzeitig auch sehr sanft sein kann. Auch seine Geschichte hat mir gut gefallen. Allerdings fand ich, dass er sich teilweise echt wie ein Stalker benahm. Dauernd taucht er überall auf. Das führt dazu, dass einen das schon bald nicht mehr überrascht und man weiß, dass Erica niemals wirklich in Gefahr ist, weil ihr Schatten wahrscheinlich gleich hinter der nächsten Säule hervorspringt. Auch mischt sich Blake immer wieder in einem Ausmaß in ihr Leben ein, das ich einfach nicht mehr gut heißen kann. Vor allem, wenn es um ihr Unternehmen geht, ist sein Verhalten mit viel gutem Willen bestenfalls als „unverschämt“ zu beschreiben. Hier hat er mich dann doch an Christian Grey erinnert. Aber, wie gesagt, insgesamt ist er doch ein sympathischer, humorvoller, charmanter Mensch, dem man auch als Leserin vertraut. Man weiß, wenn Erica bei ihm ist, wird ihr nichts passieren.

Dann war da noch Erica Hathaway, die angeblich so toughe und kluge Protagonistin. Naja, ich bin nicht beeindruckt. Auch wenn mir Erica generell sympathisch war, ging sie mir stellenweise schon ein bisschen auf die Nerven. Es gibt zwar ein paar Stellen, an denen sie Blake schlagfertig Paroli bietet, aber in Wirklichkeit bleibt sie nur bei ihrem Unternehmen hart und gibt sonst beinahe überall nach kurzem Widerstand nach. Nicht sehr standhaft also, die Gute. Außerdem übertreibt sie einfach so maßlos, was ihre körperlichen Reaktionen angeht. Egal, was Blake tut, ob sie gerade streiten oder ob er sie nur an irgendeiner Stelle berührt (sogar an den Zehen!) – Erica kann fast nicht an sich halten und ihr Kopf platzt fast vor erotischen Gedanken. Komm mal runter, Erica! Und denk vielleicht mal über andere Problemlösestrategien nach. Außerdem gibt es noch etwas, das mich gestört hat. Es geht hier um ihr (gut platziertes und überzeugend geschriebenes!) Geheimnis.


*Achtung Spoiler!*


Beim Dinner trifft sie auf den Mann, der sie vergewaltigt hat. Und sie sitzt einfach mit ihm am Tisch und schafft es, zu tun als wäre nichts gewesen? Noch dazu, wenn er sie zuvor im Gang bedrängt hat und das alte schmerzliche Erinnerungen heraufbeschwört? Ich hätte von einer toughen Frau etwas ganz anderes erwartet. Sie hätte es ansprechen sollen, ganz einfach! Nicht mal Blake würgt ihn (immerhin hat er das sogar bei Isaac getan, und der hat Erica nur geküsst!) oder redet wenigstens ein sehr ernstes Wörtchen mit ihm? Schwach! Hätte ich mir nicht von ihm gedacht!


*Spoiler Ende*


Wie gesagt enthält dieses Buch einige Handlungsverläufe und Komponenten, die schon bekannt sind, wie zum Beispiel „scharrenweise“ andere Männer, die die Hauptperson begehren (erinnern wir uns doch mal an Bella Swan, die war ja auch ganz gewöhnlich und dennoch hatte sie in der neuen Schule sofort ein paar Verehrer). Dennoch schafft es die Autorin, hier genug eigene Ideen (und manche eher unerwartete Wendung) mit einfließen zu lassen, dass man nicht das Interesse verliert. Trotzdem ist einiges vorhersehbar, was mich aber bei einem Liebesroman nicht wirklich stört. Richtig spannend war es nicht immer, es ließ sich eher so dahinlesen, ein bisschen mehr Spannung hätte nicht geschadet, auch wenn ich mich zu keinem Zeitpunkt durchquälen musste.

Nun möchte ich noch auf die erotischen Szenen und die Liebesgeschichte eingehen. Die Liebesszenen waren zwar sehr detailliert, aber dennoch niveauvoll beschrieben, so dass man nicht bei so manchem Wort das Gesicht verziehen muss. Leider gab es diese Szenen ab einem gewissen Punkt in solch einer Häufigkeit, dass es zwangsweise zu Wiederholungen kommen muss. Und das tut es dann auch, viele der Szenen sind sich sehr ähnlich, was mich nicht beeindruckt hat. Was mich allerdings überrascht hat, war, dass es sich hier um keinen SM-Roman handelt. Ich habe mich da wohl vom Titel und den Vergleichen in mancher Rezension etwas fehlleiten lassen (er lautet immerhin HARDwired), so dass ich immer auf den großen Knall gewartet habe, an dem Blake seine dunkle Vorliebe offenbart. Bis auf ein paar Klapse auf den Po gibt es in dieser Hinsicht aber nichts Nennenswertes, aber vielleicht kommt das ja noch in den nächsten Bänden. Nicht dass jemand mit falschen Erwartungen and dieses Buch herangeht.

Die Liebesgeschichte war zwar stellenweise wirklich süß und gelungen – es gab einige niedliche / prickelnde Szenen zwischen den beiden – aber mir ging es dennoch alles zu schnell. Bei einem Gespräch mit ihrer Freundin Allie, fragt diese ob Erica Blake (nach wenigen Tagen) liebe – ernsthaft? Das ist doch viel zu früh! Verliebt kann sie sein, von mir aus, aber Liebe? Das war eine der Szenen (es gab mehrere), in denen ich die Augen überdrehen musste, ich konnte einfach nicht anders. Wenn die Autorin der ganzen Entwicklung nur ein wenig mehr Zeit gegeben hätte, und nicht Erica ständig von ihren Gefühlen reden lassen hätte, wäre hier mein Urteil sicher noch wohlwollender ausgefallen.

Auch ein bisschen Humor blitzt stellenweise durch, der mir auch wirklich gefallen hat. Es gibt schlagfertige Diskussionen und lustige Situationskomik.

Jedes Buch bringt natürlich bis zu einem gewissen Grad zum Nachdenken, doch hier sollte man nicht erwarten, dass es die Weltanschauung verändert. Die angesprochenen Themen sind zum Teil ernst, leider werden sie sehr oberflächlich behandelt oder gar nur am Rande erwähnt. Das ist schade, denn so hätte man dem Roman mehr Tiefe verleihen können, was nicht geschadet hätte.


Mein Fazit

Unterhaltsam, flüssig zu lesen, klischeehaft, oberflächlich.

Ein unterhaltsamer Liebes-/Erotikroman (kein SM-Roman!), der zwar viel Bekanntes und einige Wiederholungen enthält, aber dennoch auch genug eigene Ideen, damit man als Leser nicht das Interesse verliert. Die Hauptperson ist leider nicht einmal halb so tough wie sie tut, dafür kann der männliche Part überzeugen. Der Schreibstil ist zu einfach, um zu überzeugen, lässt sich aber dennoch flüssig lesen. Die Liebesgeschichte schien mir etwas überstürzt, dafür gefällt der Humor.

Meine Empfehlung: Ein Buch, das sich gut als leichte Unterhaltung für zwischendurch eignet. Wer etwas Anspruchsvolles sucht, sollte nicht zugreifen.


Übersicht

Stärken:

* Schreibstil (wenigstens flüssig)
* Protagonistin (sympathisch, manchmal schlagfertig)
* Personen (teilweise toll ausgearbeitet)
* Humor ist lustig
* Liebesgeschichte (gelungen, süß)
* erotische Szenen (niveauvoll)
* einige eigene Ideen , Wendungen


Schwächen:

* Schreibstil (zu einfach, Floskeln, Wiederholungen)
* Protagonistin (nicht mal halb so tough wie sie tut, ihre erotischen Gedanken sind außer Rand und Band)
* Personen (manche blass, klischeehaft)
* Liebesgeschichte (geht zu schnell)
* erotische Szenen (zu häufig, deshalb Wiederholungen)
* viele Klischees und bekannte Elemente
* nicht immer spannend genug

Erzählstil: Ich- Erzähler; Präteritum;
Perspektive: aus weiblicher Sicht (Erica)

Bewertung:

Idee: 3 Sterne
Ausführung: 3,5 Sterne
Schreibstil: 3 Sterne
Personen: 4 Sterne
Protagonistin: 3,5 Sterne

Zusatzkriterien bei diesem Buch:

Liebesgeschichte: 3 Sterne
erotische Szenen: 3,5 Sterne
Spannung: 3,5 Sterne
Humor: 4 Sterne


Insgesamt:

❀❀❀,5

Ich vergebe 3,5 Lilien, die ich in diesem Fall aber nicht aufrunde! Vielleicht reicht es ja beim Folgeband für vier Sterne, denn Potential ist vorhanden.


Ist dieses Buch Teil einer Reihe? – Ja, Teil #1 der „Hacker“-Reihe von Meredith Wild.
Werde ich den nächsten Teil lesen? – Ja, bin neugierig, wie es weitergeht.