Fesselnd (ab etwa Seite 100) und tolle Atmosphäre!

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kultaa Avatar

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Colson Whitehead vermag es, Atmosphären zu erschaffen. Wie in seinen anderen Büchern auch, kann man ab der ersten Seite die stickige, sommergetränkte Luft der engen Straßen von Harlem quasi riechen und auf der eigenen Haut fühlen. Man sieht vor seinem inneren Auge, wie alles in einen gelblichen Schein getaucht ist, wie die Farben der 1960er Jahre flimmern und die Welt ein wenig langsamer läuft, als es heute der Fall ist. Jedes Wort, jeder Satz trägt dazu bei und allein daran zeigt sich einfach seine unermessliche Qualität als Schriftsteller (vielleicht sind zwei Pulitzer Preise doch noch nicht genug.
Die Story selbst liest sich erst einmal wie eine typische Ganovenstory: kleiner Fisch, der sich eigentlich nur ein bisschen was dazuverdienen will und das vor sich selbst auch moralisch noch irgendwie rechtfertigen, gerät mitten rein in den großen Coop. Und auch wenn man meinen könnte, dass so ein Plot für eine rasante Story sorgt, muss man sich bei Whitehead gedulden. Er lässt sich Zeit, die Charaktere und Orte zu entwickeln, die Stimmung zu erschaffen, ehe es richtig zur Sache geht. Die ersten hundert Seiten etwa musste ich daher hier und da etwas durchhalten, ab dann war es aber das reinste Lesevergnügen!