stilistisch großartig, inhaltlich von schwacher Substanz

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steffywhoelse Avatar

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Die Prosa wie ich sie von Whitehead kenne ist auch in diesem Werk wundervoll. Leider kann ich das nicht ganz über die Handlung sagen. Dass nach "The Underground Railroad" und "The Nickel Boys" nun ein anderes Genre eingeschlagen wird, finde ich für Whitehead unglaublich erfrischend, denn seine Sprache ist versehen mit Humor in Situationen, die am wenigsten etwas zu Lachen haben.

Im Kern dieser Geschichte geht es um Ray und seinen Cousin Freddie. Gemeinsam aufgewachsen entwickeln sie sich doch sehr unterschiedlich. Ray hat sich mit harter Arbeit und Resilienz durchs College gebracht und führt nun einen Antiquitätenladen mit alten Möbeln. Freddie hingegen hangelt sich so durchs Leben und fällt in eine Misere nach der anderen. Dabei wird auch Ray hineingezogen. Und obwohl wir viel von Ray erfahren, hatte ich nicht das Gefühl, ihn sonderlich gut zu kennen.

Whitehead füllt viele Seiten mit Hintergrundgeschichten statt die präsente Handlung fortzuschreiten. Diese geht unter den vielen Nebensächlichkeiten sehr unter. Es werden viele Nebencharaktere vorgestellt und es ist schwer zu filtern, wer für die Hauptgeschichte nun relevant ist.

Wie auch seine vorherigen Werke ist auch dieses Buch sozialkritisch. Der titelgebende Ort Harlem beschreibt ein soziales Milieu, geprägt von Kriminalität und Rassismus. Harlem ist in diesem Buch nicht nur ein Teil des Staates New York, sondern schon fast wie ein eigener Charakter. Ein Rückblick in die 50/60er Jahre zeigt Harlem als laut und kriminell, grob aber auch voller Träume, die realisiert werden. Harlems Geschichte und Architektur werden in diesem Buch näher gebracht. Die Beschreibungen des Ortes sind lebhaft und dynamisch und man wird schnell in die Zeit versetzt, die Whitehead durchleuchtet.

Die Informationen über die rassistischen Hintergründe in New York sind wichtig, doch sie sind nicht ganz nahtlos in den Rest der Geschichte eingeflochten. Es las sich teils wie eine Ablage von Informationen zwischen den Zeitsprüngen, obwohl ich die intensive Recherche zu schätzen weiß. Es ist stilistisch großartig, weshalb es dennoch unterhaltsam war, trotz schwacher Substanz.