Kalter Krieg im Jahre 2023

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blueamalthea Avatar

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Was wäre, wenn Deutschland heute noch geteilt wäre und der Kalte Krieg mit den modernen Medien und technischen Möglichkeiten ausgetragen würde?
Diesem Gedankenexperiment widmet sich Holger Kreymeiers „Hashtag # DDR“.

Der Roman baut sich langsam auf, allerdings bin ich ein Kind der Wende und brauchte daher all die anfänglichen Infos nicht, die jedoch für die nachfolgende Generation sicherlich wichtig sind.
Wir lernen Marc – genannt Perry – kennen, der in Untersuchungshaft in der DDR sitzt und sich den Verhörmethoden der hiesigen STASI widmen muss.
Und dann ist da noch Lonzo, ein YouTuber, der jedoch keine witzigen Zocker-Videos dreht, sondern eine Enthüllungstory über die DDR, die hohe Wellen auf beiden Seiten der Mauer schlägt.

Ich kann Influencer, die Höhe von Abonnementen und Klickzahlen und Opfer von Fake News immer nur belächeln, mich fremdschämen oder genervt die Augen vor ihrer Weltfremdheit verdrehen, in diesem Buch jedoch bekommen all diese Dinge eine ganz andere Bedeutung, ein ganz anderes Gewicht. Das Online-Image bekommt viel mehr Macht, wird sogar zur essentiellen Grundlage für die Zukunft.

Als jemand, der sozusagen das „Beste aus beiden Welten“, also der analogen und der digitalen Zeit kennt, hat mir der Rückblick in die alten Zeiten und der Vergleich mit den heutigen Möglichkeiten extrem gut gefallen. Ich habe das Buch immer mal wieder weggelegt und bin in meiner eigenen Gedankenwelt versunken, habe überlegt, was wohl anders gelaufen wäre, hätte es damals schon die technischen Möglichkeiten gegeben und so weiter. Das Gedankenkarussell, wer arbeitet mit wem zusammen, wem kann man noch trauen, hat mich ganz schwindelig werden lassen.

Der Schreibstil ist locker und flüssig, ohne erzwungen „en vogue“ oder jugendlich zu wirken. Das Charakterdesign war mir persönlich etwas zu flach, mag aber daran liegen, dass ich normalerweise nicht in diesem Genre unterwegs bin. Große Überraschungen hat es für mich nicht gegeben, dennoch ist das Buch deswegen nicht langweilig. Sehr gefallen haben mir die kurzen Einschübe von „Twitterposts“, die haben dem Ganze noch eine spezielle Würze gegeben.

Für kritische Geister und Liebhaber von Sarkasmus und Satire wird dieser Roman ein kurzweiliges Vergnügen sein.