Wertvolle Zeit

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mia_05 Avatar

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Zeit ist ein kostbares Gut, wenn nicht sogar das Wertvollste, über das wir Menschen auf dieser Welt verfügen. Was für eine einzigartige Rolle sie einnimmt, thematisiert Andreas Winkelmann auf beängstigend drastische Weise in seinem 2024 neu erscheinenden Thriller „Hast du Zeit?“.
Conny Goldmann beschleicht schon eine Weile das Gefühl, beobachtet zu werden. Kurz nachdem sie sich Hilfe bei Freundin und Arbeitskollegin Michelle holt, wird sie tot vor ihrem eigenen Haus aufgefunden. Der ehemalige Polizist und Vater Michells schaltet sich ein, um herauszufinden, wem Conny zum Opfer gefallen ist. Auf der Suche nach der Wahrheit erkennt er eine Verbindung zu vergangenen und ungeklärten Entführungsfällen. Gemeinsam mit der ebenfalls betroffenen Lilly begibt er sich auf Spurensuche. Können sie den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen und was hat es mit den Sanduhren auf sich, die immer zahlreicher auftauchen?
Schon von außen ist der Bezug zum Thema „Zeit“ klar erkennbar. So findet sich ein Teil der Sanduhr auf dem Cover wieder, die eine zentrale Rolle in dem Werk spielt. Auch die düstere Farbgestaltung kann sich sehen lassen und passt sehr gut zu einem waschechten Thriller.
Wie schon der Titel verrät, ist die Frage nach Zeit essenzieller Bestandteil der Handlung. So findet man auch in jedem Kapitel einen Bezug zu diesem menschengemachten Gut. Teilweise wirkt die Präsenz dessen auf mich zu erzwungen und fast schon aufdringlichen, was dem Ganzen an sich allerdings nicht wirklich schadet.
Die Story ist für mich sehr gelungen und nachvollziehbar ausgestaltet. Man fliegt regelrecht durch die Seiten. Bis zum Schluss ist unklar, welche Person hinter all den Entführungen steckt und durch welche Motivation sie angetrieben wird. Der Plot zum Ende hin kam absolut unerwartet und hat mich ein wenig schockiert zurückgelassen. Dies liegt auch an der Tatsache, dass die Figuren (jede auf ihre Art) einen ziemlich sympathischen Eindruck machen. Man bekommt das Gefühl, sie begleiten zu wollen, fiebert mit ihnen mit und hofft auf eine gute Wendung für sie. Allerdings wartet nicht auf jeden ein Happy End, typisch für Winkelmann-Thriller, die den Leser teilweise mit einer gewissen Leere und Fassungslosigkeit zurücklassen. Dennoch erzeugen insbesondere die letzten Seiten auf tröstliche Art und Weise ein schönes und seltsam wohliges Gefühl.
Auch der Schreibstil sorgt dafür, dass die Zeit beim Lesen regelrecht verfliegt. Mit einer klaren und einnehmenden Ausdrucksweise gelingt es Winkelmann, eine alltägliche Atmosphäre zu kreieren, die so normal und doch durchweg angespannt wirkt. Für mich eine klare Stärke des Autors, die es ermöglicht, im Kopf des Lesers einen ganzen Film abzuspielen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Andreas Winkelmann in seinem Thriller ein Thema anspricht, dass für alle Menschen präsent ist. Jeder kennt das Gefühl, dass einem die Zeit zwischen den Fingern zerrinnt, der Tag mal wieder viel zu schnell verfliegt und ein paar Stunden mehr nicht schaden könnten. Die Relevanz dessen wird einem häufig erst viel zu spät bewusst und so lässt man sich schnell dazu hinreißen, sich die Zeit durch scheinbar wichtige Dinge stehlen zu lassen. In „Hast du Zeit?“ wird auf beängstigende und doch wahrscheinlich wirkende Art und Weise ein Horrorszenario kreiert, das zeigt, wozu die kleinsten Nichtigkeiten im Extremfall führen können. Dies gelingt mittels authentischer Charaktere, einem klaren und atmosphärischen Schreibstil, sowie der bis zum Ende aufrechterhaltenen Hoffnung auf ein gutes Ende für die Beteiligten.
Alle, die ihre Zeit mit etwas Wertvollem und qualitativ Hochwertigem verbringen wollen, sollten zu diesem Thriller greifen und sich ein paar Stunden voller Spannung und Hoffnung machen. Für Winkelmann-Fans ist das gute Stück sowieso ein Muss!