Heilung im Schreiben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
cherryblue_4 Avatar

Von

Wenn man einer Person einen Brief schreibt, dann offenbart man als Schreiber oder als Verfasser seinem Gegenüber einen Teil seiner Seele: durch die Art des Briefpapiers, die man wählt, durch das Schreibgerät, die Tinte und sogar durch die Briefmarke. Manchmal ist aber auch der Anlass des Schreibens mehr als einen Gedanken wert und wenn man sich damit besonders schwer tut, dann gibt es Menschen wie Hatoko, die professionellen Schreiber, die man aufsuchen kann, damit sie das für einen übernehmen.
Und genau diesem Thema widmet sich das Buch. Wir begleiten die junge Hatoko, wie sie nach Jahren im Ausland zurück nach Kamakura kommt und den Schreibwarenladen übernimmt, den ursprünglich ihre bereits verstorbene Großmutter geführt hat. Von ihr hat Hatoko auch Kalligraphie gelernt.
Das Buch hat keine Kapitel; vielleicht, um den Fluss der Geschichte nicht zu stören. Allerdings gliedert es sich in vier Jahreszeiten: im Sommer kehrt Hatoko nach Kamakura zurück und im Frühling des nächsten Jahres verlassen wir die Geschichte.
Sehr hilfreich ist auch die liebevoll gezeichnete Übersichtskarte von Kamakura am Anfang des Buches, damit der Leser genauer fährt, wo welche Schreine zu finden sind und welche Restaurants.
Wir begleiten Hatoko in ihrem Arbeitsalltag, aber auch über ihr Leben außerhalb des Schreibwarenladens erhält man einige Einblicke, die allerdings nur sehr fragmentarisch angerissen sind; was der Geschichte aber keinen Abbruch tut.
Jeder Brief, den Hatoko im Auftrag für ihre unterschiedlichen Kunden schreibt, ist im Buch abgedruckt: zuerst in Japanisch und dann folgt die deutsche Übersetzung; aber kein Brief gleicht dem anderen. Sehr detailreich erfährt der Leser etwas über die Kunst wie Schreibgerät, Papier, Briefmarke und Schriftart für den jeweiligen Anlass auszuwählen sind.
Abseits des Schreibwarenladens erfährt Hatoko, dass scheinbar zwanglose Begegnungen in tiefgründige Freundschaften führen können.
Wer ein Anhänger der japanischen Erzählkunst ist, dem sei auch dieses Büchlein ans Herz gelegt. Denn am Ende darf nicht nur Hatoko Frieden schließen, sondern auch wir dürfen etwas Sinnstiftendes erfahren - wenn wir dafür empfänglich sein möchten.