Piano-Politik

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Eigentlich würde ich 4.5 Sterne geben, aber die Option gibt es ja leider nicht. Warum nicht 5 Sterne? Weil ich mir, basierend auf dem Klappentext, eine doch politisch mehr angehauchte Geschichte erwartet habe (klingt jetzt nicht grammatikalisch korrekt, aber lassen wir es mal so stehen).

Den Titel finde ich genial und auch das Cover ist sehr gut. Es zeigt Igor Levit. Nicht Igor Levit, den Pianisten, sondern einfach nur Igor Levit, den Menschen.

Die Geschichte geht in einem durch und ist nicht durch Kapitel unterteilt. Dafür verantwortlich sind die " # " - Zeichen, mit denen gedankliche Schlussstriche gezogen werden und zeitliche Sprünge vollbracht werden. Manchmal kann dies ein wenig verwirrend sein, wenn man nicht genau aufpasst, aber gleichzeitig sorgt dies dafür, dass man die Geschichte aufmerksam liest. All die Schilderungen aus dem Leben eines Pianisten haben mich sehr an meine Zeit im Orchester erinnert. So viele Komponisten wurden genannt, mit denen ich mich jahrelang nicht mehr beschäftigt habe. In gewisser Weise hat dieses Buch meine Klassikliebe wieder neu entflammt.

Die politischen Zeilen kamen manchmal überraschend, manchmal waren sie aber auch gut in den Text eingebettet. Manchmal hatte ich aber das Gefühl, dass man ja auch über Politik reden wollte und deshalb kamen einige Parts etwas gewollt rüber (aber vielleicht war ja das gerade die Intention?)

Das Buch regt zur Diskussion an. Das ist ganz klar. Denn ich bin mir sicher, dass viele Menschen ähnlich denken wie Igor Levit, aber aus der Bequemlichkeit heraus ihre Meinung öffentlich lieber unter den Teppich kehren.

Zwei Sachen haben mich besonders beeindruckt: Igor Levit nutzt die Zeit und Aufmerksamkeit kurz vor einem Konzert für eine kleine Ansprache, die nicht dem Standard anderer Ansprachen vor einem Konzert entspricht und dann die Äußerung, dass wir aus der Vergangenheit gelernt haben, trotzdem aber gewisse Menschen gewählt werden, um uns politisch zu repräsentieren und damit auch für uns zu stehen, obwohl ihr Parteiprogramm einige Geschehnisse leugnet, verschönt oder sogar frei erfindet.