eine unheimliche Welt mit einer priese wunderschöner Magie

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Jedes Jahr aufs neue kehre ich der hektischen Großstadt in der ich lebe den Rücken, um mich für einige Zeit aus ihrem Blickfeld zu winden. In diesem Jahr fällt meine Wahl auf ein kleines, im Wald verborgenes Sommerhäuschen, das in seinem innern den heimeligen Duft von harzigem Kiefernholz und Kerzenwachs verbirgt. Und was nehme ich mit um die lauen Sommernächte ausklingen zu lassen, etwas märchenhaftes, zum dahin träumen. So dachte ich zumindest als ich den Klappentext von Melissa Alberts Debütroman Hazel Wood las. Doch das es mich die darauffolgenden Nächte wach halten würde, war für mich nicht ersichtlich. Und das lag nicht nur daran das ich dem Buch unbedingt sein Ende entlocken wollte, sondern, und das ist wohl eher der ausschlaggebende Punkt, es mich doch etwas gefürchtet hat einzuschlafen. Das die Abende in eine so undurchsichtige schwärze getaucht waren, die alles um sich herum zu verschlucken drohten, war meiner Hasenfüßigkeit auch nicht unbedingt zuträglich. In den Nächten fühlte ich mich wieder wie ein Kind und ich befürchtete unter meinem Bett könnte etwas lauern, dass jeden Augenblick mit seinen klebrigen Klauen nach meinen Füßen greifen könnte.

In einem ähnlichen Wald könnte sich Hazel Wood befunden haben, jenes Anwesen in dem Ella Proserpine zurückgezogen ihre Kindheit verbrachte. Aufgezogen von einer alles einnehmenden Mutter, die ein einziges Buch geschrieben hat, die „Märchen aus dem Hinterland“ welches sie über Nacht berühmt machte. Als Ella neunzehn ist flieht sie zusammen mit ihrer Tochter Alice aus Hazel Wood und bricht mit ihrer Mutter und allem was mit ihrem alten Leben zusammenhängt. Nimmt sogar einen anderen Nachnamen an. Von da an führen Ella und Alice ein leben als Vagabunden. Reisen quer durch das ganze Land, quartieren sich bei Freunden, oder in billigen Motels ein. Immer auf der Flucht vor dem Unglück das sie in Form von kleineren und größeren Katastrophen zu verfolgen scheint. Sei es nun die Überflutung ihrer Wohnung während einer regenlosen Nacht, oder einer Wildkatze die all ihre Sachen zerstört. Bis zu dem Tag als Alice siebzehn wird und Ella einen Brief aus Hazel Wood bekommt, der die Nachricht enthält das Althea gestorben sei. Doch Ella wirkt keinesfalls traurig über die Nachricht, eher erleichtert. Ella mietet ein kleines Apartment in Brooklyn und richtet es ein als hätte sie vor für länger dort zu bleiben und so ist es auch. Ella heiratet sogar und auch Alice beginnt Wurzeln zu schlagen in dem sie einen Job annimmt. Doch so ganz traut das unschuldig aussehende Mädchen mit den schwarzen Augen und dem aufbrausenden Charakter dem Frieden nicht. Und als an ihrer Arbeitsstelle der Mann auftaucht der sie elf Jahren zuvor entführte, aber keinen Tag älter aussieht, als an jenem Nachmittag an dem sie in seinen Wagen gestiegen ist, in dem glauben er würde sie zu ihrer Großmutter bringen, ist Alice davon überzeugt, das das Unglück sie wieder eingeholt hat.

„Damals war ich klein gewesen und mir lediglich bewusst, dass es sich bei ihm um einen Erwachsenen handelte. Nun bemerkte ich, wie jung er war - er wirkte wie zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig. Seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, waren elf Jahre vergangen, und trotzdem sah er haargenau so aus wie damals: absurd jung. Es war absurd. Und doch wusste ich mit absoluter Gewissheit, dass er es war und das er meinetwegen hier war.“

Als Alice eines Nachmittags aus der Schule heimkehrt ist Ella verschwunden, nur ein Brief liegt auf ihrem Kopfkissen, darin die erste Seite der „ Märchen aus dem Hinterland“ jenem Buch das Alice nie lesen durfte und dessen Stückzahlen so minimal sind das sie zu unerschwinglichen Raritäten wurden. Doch sie weiß wer eine Ausgabe dieses seltenen Buches mit seinen zwölf grausamen beängstigenden Märchen aus einer anderen, magischen Welt besitzen könnte. Ellery Finch, ein Junge aus ihrer Schule, der ebenso reich, wie vernarrt in Althea Proserpine ist und es sich zur Aufgabe gemacht hat, alles über ihr mysteriöses Leben in Erfahrung zu bringen. Doch wie es der Zufall will wurde es ihm einige Tage zuvor gestohlen. Dennoch erklärt er sich bereit Alice, die sich sicher ist das ihre Mutter nach Hazel Wood gebracht wurde, zu helfen. Doch Hazel Wood ist auf keiner Landkarte verzeichnet und so müssen sie einer Reihe von Brotkrumen folgen. Und noch etwas erschwert ihre Suche, etwas das sie Tag und Nacht zu verfolgen scheint, bis hinein in ihre Träume, etwas nicht Menschliches.

Selten zuvor habe ich ein ähnlich Bildgewaltiges und fantastisches Buch in den Händen gehalten. Von der ersten bis hin zur allerletzten Seite war es eine perfekte Symbiose zwischen Dramatik, Fantasie,Tragik, und einer gehörigen Priese unheimlicher Elemente. Einzig und allein mit ihren Worten entrückt sie mich aus dem hier und jetzt und entführt mich in ihre schaurige Welt. So das ich erst, als ich laut ausatme feststelle das ich selbst das Atmen vergessen habe. Sie zeichnet ihre Charaktere so vielschichtig und existent das ich gar keine andere Möglichkeit bleibt als mit ihnen zu empfinden. Die Trauer die Alice verspürt als sie glaubt den einzigen Menschen der sie bedingungslos liebt verloren zu haben, oder die innere Zerrissenheit von Ellery Finch, als er vor eine Entscheidung gestellt wird die sein Leben von Grund auf verändern wird. Und ja am Ende konnte ich meine Tränen auch nicht mehr zurückhalten. Melissa Albert hat mich einfach mit der Kunst Wörter zu verpacken als wären sie greifbar gefesselt. und ich wünsche und hoffe das „Hazel Wood“ erfolgreich durch die ganze Welt getragen wird und das es nicht das letzte Buch war welches ich von ihr lesen durfte.


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