Ayurveda - Kochen und Essen als wichtige Teile eines achtsamen Lebens

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elke seifried Avatar

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Bei dem Anblick des Covers habe ich mich sofort an meinen Urlaub in Sri Lanka erinnert, bei dem ich nach einer Rundereise auch noch eine Woche in einem Ayurveda Resort verbracht und das Essen in diesem Land geliebt habe. Mit neuer Küche lebt meine Kochleidenschaft noch mehr auf und Kochbücher mit neuen Geschmacksrichtungen ziehen mich magisch an, weshalb ich an diesem nicht vorbei gekommen bin.

Dieses Buch ist ein Gemeinschaftsprojekt von Professor Dr. Dietrich Grönemeyer, der hier vor allem für die Grundlagen und das Wissen rund um Ayurveda zuständig ist, und Volker Mehl, einem bekannten Ayurveda-Koch, der seine Erfahrungen und vor allem die Rezepte beisteuert. Los geht es mit zwei sehr ausführlichen Kapiteln mit dem Titel „Altes Wissen: ein Schatz für unsere Gesundheit“ und zu „Die Kraft des Ayurveda“. Hier erfährt man als Ayurveda Neuling alles Wissenswerte, bei der Geschichte des Kulturgutes angefangen, über die Wichtigkeit der Selbstliebe oder auch die Anatomie des Ayurveda mit ihren Bioprinzipien und dem Einfluss der Tages- und Jahreszeiten, bis hin zur Ernährung als Medizin, die u.a. die Heilkraft von Lebensmitteln sowie die Auswirkungen dieser auf die Bioprinzipien und die verschiedenen Typen zum Thema hat.

„Im Rahmen eines groß angelegten Gesundheitsoutsourcings haben wir aber offenbar vergessen, wie elementar wichtig die Selbstfürsorge ist. Lieber gehen wir mit immensen Erwartungen zu verschiedenen Therapeuten, die bitte schön im Handumdrehen das lösen sollen, was man selbst im eigenen Alltag nicht geregelt bekommt.“ Damit trifft der Autor sicher einen wunden Punkt in unserer Gesellschaft, und Ayurveda könnte da ganz bestimmt Abhilfe schaffen. Dennoch geht es mir im Moment mehr um Küchenexperimente, darum neue Geschmackserlebnisse zu testen, als um die Umstellung meiner Ernährung. Ich war eigentlich hauptsächlich auf der Suche nach neuen Rezepten, habe mir diese auch aufgrund des Untertitels „Hausrezepte der Weltmedizin“ erhofft. Der theoretische Teil ist hier sehr umfangreich, mir hätte dieser zugunsten einem Mehr an Rezepten daher straffer genügt. Allerdings habe ich beim Lesen auf jeden Fall den positiven Nachhall mitgenommen, wieder achtsamer mit meinem Körper und mir selbst umzugehen und auch den einen oder andern Denkanstoß bekommen. Interessant fand ich durchaus auch die Auswirkungen der einzelnen Lebensmittel. Der flüssige Sprachstil, der die Grundlagen auch für den völligen Laien, und diese notwenigen Basics, braucht man sicher auch um sich überhaupt auf diese Ernährungs-, ja eigentlich schon eher Lebensform einlassen zu können, leicht verständlich erklärt, macht es leicht sich durch diese Abschnitte zu lesen. Gut gefallen haben mir dabei auch so pointierte Aussagen wie „Kauen Sie anständig. Es müssen gar nicht die empfohlenen 30-mal sein. Bei vielen wäre es schon ein Fortschritt, wenn es nicht mehr aussieht wie bei der Seehundfütterung im Zoo.“, die mich immer wieder auch schmunzeln haben lassen.

Die gut 80 Rezepte, die sich anschließend im Kapitel „Volkers Ayurvedaküche“ finden, sind nach vorangestellten Grundrezepten, aufgeteilt in die vier Abschnitte Frühstück, Mittagessen, Abendessen und Süßes und Getränke, bei denen jeweils zu Beginn spezifische Hinweise, wie z.B. „Wenn schon Rohkost, dann jetzt“, „ Den Magen schonen … besser schlafen“ oder auch „Thema zuckerfrei“ zu finden sind. Daran schließen sich schließlich die vielfältigen Rezepte an, die allesamt mit vegetarisch ohne Fleisch und Fisch mit wenig Milchprodukten, daher nicht völlig vegan zu bezeichnen sind und die sich möglichst unverarbeiteter Zutaten bedienen.

Nach einem schön in Szene gesetzten Bild der angerichteten Speise, der einem sofort Lust auf das Geschmackserlebnis macht, folgt der Name des Gerichts. Verschiedene Symbole weisen zudem gleich auf den ersten Blick darauf hin, für welchen Typ dieses Rezept am besten geeignet ist und ob es z.B. vegan, zucker-, glutenfrei oder vegetarisch ist. Die Rezepte sind alle für vier Personen konzipiert, weshalb es nur bei Abweichungen davon eine Angabe zu Portionen gibt. Eine Information zur Zubereitungszeit fehlt, was mir persönlich nicht so wichtig ist, denn beim Anblick des Rezepts kann ich schon in Etwa einschätzen, wie lange es dauert, es ist ja auch jeder unterschiedlich schnell in der Küche. Die meisten Gerichte erfordern hier allerdings durchaus einige Zeit, schnelle Küche findet sich eher spärlich, würde aber wohl auch dem Konzept „Kochen und Essen sind keine lästigen Pflichten, sondern wichtiger Teil des achtsamen Lebens und vor allem Gesundheitsvorsorge pur. Mit dem, was Sie auf den Tisch bringen, können Sie sich und Ihren Lieben jeden Tag ein ganz wunderbares Geschenk machen. Feiern Sie jede Mahlzeit, denn Lebensfreude ist ein wichtiger Aspekt im Ayurveda.“ widersprechen. Dem folgt die Zutatenliste, an der mir besonders gefällt, dass sie in die unterschiedlichen Komponenten des Gerichts untergliedert ist. Schließlich finden sich auch leicht verständlich formulierte Schritt-für-Schritt-Anweisungen zur Zubereitung. Eine Kalorienangabe gibt es nicht, was die Autoren aber mit den allesamt gesunden und hochwertigen Zutaten begründen und damit, dass gilt „Für unsere Methode der gesunden Ernährung braucht man daher auch keinen Taschenrechner, um Kalorien, Kohlenhydrate oder anderes zu zählen. Stattdessen möchten wir Sie animieren, mit vielen Gewürzen zu experimentieren, die Ihre Geschmacksnerven zum Leuchten bringen und Ihre Verdauung entlasten.“

Ich habe natürlich auch experimentiert und kann bestätigen, meine Geschmacksnerven haben teilweise wirklich geleuchtet vor Begeisterung. Da ich mir die Freiheit herausgenommen habe, die Gerichte unabhängig der empfohlenen Tageszeit zuzubereiten, kann ich über mehr als den guten Magen, den ich nach dem Essen hatte, über die gesundheitlichen positiven Auswirkungen nichts sagen. Wirklich schmackhaft fand ich aber auf jeden Fall unter den Frühstücksideen den herzhaften Griesbrei, die scharfe Kürbissuppe, auch das herzhafte Bohnenfrühstück und, obwohl ich eigentlich nicht der große Fan von Süßem und auch nicht von Pfannkuchen bin, die Version Bananenpfannkuchen mit Mango-Kokos-Kompott. Bei den Mittagessen konnten mich bisher der Beaf Teriyaki Asia Street Food Bowl, der Spaghettikürbis auf spicy Risi Bisi mit Zitrone, Schnittlauch und Parmesan und ganz besonders Kross gebratener Blumenkohl mit karamellisierten Zwiebeln und Kräuterquark so richtig begeistern. An Salatvariationen wird es bei mir sicher in Zukunft öfters noch einmal den von mir getesteten grün-weißen Spargelsalat mit Zitronenmelisse und auch den Bohnensalat mit Quinoa, Minze und Basilikum geben. Da ich mich nicht vegetarisch ernähre, habe ich bei Ginger but no Chicken Sri Lanka Style, bei den Hähnchenstreifen nicht zu der empfohlenen pflanzlichen Alternative gegriffen und die Karotten-Petersilienwurzel-Puffer habe ich ohne Aprikosenchutney zubereitet, beides war sehr lecker. Richtig gespannt bin ich schon auf meine geliebte Shakshuka in der Version, die ich im Buch gefunden habe und den strammen Max mit Fenchel und Orangen-Leinöl-Dressing, ein Rezept aus der Kategorie Abendessen, gibt es auch die Tage. Lassi habe ich in meinem Urlaub geliebt, glücklich bin ich daher z.B. auch über das leckere Rezept für die Version mit Gewürzen.

Alles in allem wird Ayurveda Küche sicher nicht zu meiner neuen Ernährungsform werden, zu sehr unterscheiden sich hier meine eigenen Gewohnheiten und Vorlieben von diesem Konzept, wie der Autor ja auch anspricht, „Denn die wenigsten Menschen hierzulande haben Zeit und Lust, morgens um 5 Uhr aus dem Bett zu hüpfen, zu meditieren, Yoga zu machen und die komplette Tagesroutine durchzuführen, um dann noch entspannt und Mantra singend ein Frühstücksbreichen zu kochen. Für viele Familien und Alleinerziehende sieht die Welt heute dann doch ein bisschen anders aus. Ayurveda ist aber zum Glück keine Alles-oder-nichts-Methode. Stattdessen können schon die kleinsten Schritte große Erfolge bedeuten.“ Kochen werde ich aber sicher ab und an immer wieder mit Rezepten aus diesem Buch. Eigentlich ist es für mich ganz persönlich daher auch kein fünf Sterne Highlight, 4,5 Sterne wären ideal. Die tolle Aufmachung und das im Grunde genommen perfekte Gesamtpaket zum Thema veranlassen mich aber dazu, aufzurunden.