Ein packend realistischer Roman

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kleincaro89 Avatar

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Tilde Ahrens steht kurz vor ihrem Tod. Sie weiß es, ihre Familie weiß es. Nach einem ereignisreichen Leben scheint sie es sich nun verdient zu haben, von der Erde zu gehen. Doch als starke Persönlichkeit lässt sie es sich nicht nehmen, ihre Enkel- und gleichzeitig Ziehtochter Hanna darum zu bitten, sich um deren Schwester Trixie zu kümmern. Trixie, Ehefrau des neuen deutschen Kanzlerkandidaten mit nationalistischer Weltanschauung und gespaltener Partei im Hintergrund. Dass es nicht einfach werden wird, konnte Hanna sich denken, doch dass die Entwicklungen sowohl die Familie als auch das Land entzweien werden würden, damit hätte selbst Tilde nicht rechnen können.

Das Cover ist nüchtern gehalten, der Einband hingegen mit einem Stammbaum im vorderen Teil fast schon ehrwürdig und anmutig. Und auch wenn er auf den ersten Blick aussieht, als würde man ihn nie durchdringen können, ist er am Ende doch einfach zu erfassen und umso hilfreicher in manchen Passagen. Nichtsdestotrotz lässt es sich die Autorin nicht nehmen, den Leser in jede Herkunft, in jeden Zusammenhang und ihr jeder Verbindung der wichtigen Charaktere selbst einzuführen. So erlangt der Leser ein umfassendes Bild über die Zusammenhänge und kann sich auf diese Weise ein eigenes Bild von allem machen.
Und wie leichtfüßig nebenbei erzählt die Autorin die eigentliche Geschichte. Denn das existierende Deutschland in 2023 ist gespalten und Felix, Trixies Mann, steht kurz vor dem Wahlsieg. Als er sich kurz vorher darüber im Klaren wird, dass er Menschen um sich braucht, denen er blind vertrauen kann, fällt seine Wahl auf Hanna, die ein wenig überfordert ist mit der Situation, schließlich jedoch dennoch einwilligt.
Wie man es sich denken kann, kommt es zum Bruch und an dieser Stelle ist es umso wertvoller, dass die Autorin die unterschiedlichen Sichtweisen der Charaktere immer wieder getrennt voneinander beleuchtet und zu Wort kommen lässt. Mit einer entwaffnend einfachen und leichten Sprache gelingt es der Autorin, den Leser so auf ihre Seite zu ziehen und dennoch zu lenken, dass auch er unpolitischste Leser eine Meinung bildet. Gewagt und gekonnt zu gleich.
Doch mag die Sprache auch noch so einfach sein, mit der Komplexität, der Menge an Verbindungen und der hintergründigen Handlungen schafft es die Autorin, ein Buch zu bauen, dass unschlagbar zu sein scheint.