Wehret den Anfängen

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"Heimatsterben" spielt in naher Zukunft, im Jahr 2023. Hanna Ahrens, Ende 30, lebt in New York und arbeitet dort als Journalistin, als sie erfährt, dass ihre Oma Tilde in Deutschland im Sterben liegt. Sie verspricht Tilde, besonders auf ihre Schwester Trixie aufzupassen. Deren Mann Felix Graf von Altdorff ist Kanzlerkandidat einer nationalistischen Partei, deren Mitbegründer er war. Dafür hatte er quasi auch den "Segen" von Tilde, bei der seine Frau Trixie und Hanna aufwuchsen. Obwohl Hanna sich immer sehr gut mit ihrer Oma verstand, hatte diese in vielen Bereichen nämlich ebenfalls sehr konservative Ansichten, geprägt durch ihre Kriegs- und Fluchterfahrung. Überraschend bittet Felix die eigentlich liberal und pro-europäisch eingestellte Hanna dann auch noch, ihn bei seiner politischen Arbeit zu unterstützen. So ist Hanna hin- und hergerissen zwischen ihren eigenen Werten und dem Versprechen am Sterbebett ihrer Großmutter.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Obwohl die Geschichte fiktiv ist und die Handlung ins Jahr 2023 verlegt wurde, weist sie dennoch erschreckend viele Bezüge zur aktuellen politischen Situation auf und vieles erscheint nicht komplett unrealistisch. In Hanna als Protagonistin mit ihrer Zerissenheit zwischen ihrer Familie und ihren eigenen Idealen kann ich mich sehr gut hineinversetzen und auch die weiteren Charaktere wurden überzeugend ausgestaltet und in manch einer Person erkennt man Züge von Menschen aus dem eigenen persönlichen Umfeld oder der Politik wieder. Der Roman macht auf eine erschreckende Weise deutlich, wie schnell der Wahlerfolg einer nationalistischen Partei, die sich nach außen hin den Anschein gibt, demokratisch zu sein und deren Führungsriege vielleicht nicht einmal komplett unsympathisch ist, dazu führen kann, dass Grundrechte nicht mehr gelten. Der Titel des Roman ist sehr passend gewählt und auch der Sinn der Covergestaltung erschließt sich im Rahmen der Lektüre. Der Schreibstil der Autorin ist gut lesbar und fesselnd.