14 Leben (Buch- und Hörbuchrezension)

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signalhill Avatar

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Yaa Gyasis „Heimkehren“ ist mein Romanhighlight des Jahres und ein so fantastisches Buch, dass ich sowohl den Roman gelesen als auch als Hörbuch gehört habe, und das quasi gleich hintereinander. Ich bin einfach nur begeistert von diesem Roman! Als Hörbuch ist „Heimkehren“ im DAV-Verlag (der Audioverlag) erschienen und hat eine Länge von fast 12 Stunden in ungekürzter Ausgabe. Insgesamt lesen 14 verschiedene Sprecher – im Inhaltsteil wird deutlich werden, warum das so ist. Diese Entscheidung des DAV finde ich dennoch sehr gelungen, denn man hätte die vierzehn Schicksale natürlich auch von einem Sprecher einlesen lassen können.

Zum Inhalt: Zwei Schwestern, die sich nicht kennen, zwei Schicksale, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Effia wird die Frau einen britischen Kolonialherren, Esi wird als Sklavin nach Amerika verkauft. Die vierzehn Kapitel des Buches widmen sich jeweils den Schwestern und sechs ihrer Nachkommen, die man z.T. schon in der Kindheit kennenlernt, z.T. sind sie auch schon verheiratet. Nur mit einem Stammbaum kann man den vielen Charakteren folgen, aber der ist in Buch und Hörbuch beigefügt. Es wechseln jeweils ein Charakter in Afrika und einer in Amerika ab, sodasss man zwei Familiengeschichten bekommt; man könnte z.B. auch erst nur die ungeraden Kapitel lesen. Die Konstruktion dieses Romans ist für mich so völlig neu und ziemlich genial ausgestaltet. Man bekommt auch nie das gesamte Leben der Personen mit, nur einen kürzeren oder längeren Ausschnitt; das Folgekapitel setzt auch hier nicht direkt an, aber man findet den roten Faden schnell.

Die Schicksale der Personen sind zumeist sehr schockierend, was den Roman sehr spannend macht. Fast keiner, ob Mann oder Frau, kann ein selbstbestimmtes Leben führen. Die Schauplätze sind immer wieder sehr unterschiedlich, besonders in Amerika. Auch die Schicksale ähneln sich kaum. Gut wäre zusätzlich zum Stammbaum vielleicht noch eine Zeitleiste mit den Familienmitgliedern und den wichtigen Ereignissen gewesen.

„Heimkehren“ verspricht erst am Schluss, was der Titel schon verrät. Geschickt schließt die Autorin den Kreis. Geschickt verbindet sie auch immer wieder das traditionelle Leben mit der westlichen Lebensweise, und sie erinnert auch an den Spagat, den viele Afrikaner dadurch machen mussten.

„Heimkehren“ ist ein Kaleidoskop der Schicksale. Vor allem die amerikanischen Schicksale haben mich an das Buch gefesselt. Weil man sehr mitdenken muss, wer hier wer ist und wer von wem abstammt, würde ich hier eher das gedruckte Buch empfehlen, denn nachdem ich endlich den Stammbaum entdeckt hatte, musste ich oft innehalten und nochmal nachschauen, wie die Personen zusammenhängen. Beim Hörbuch wusste ich das ja schon, aber ich hätte hier nicht so oft gestoppt.

Fazit: Ein so konstruiertes Buch habe ich noch nie gelesen. Die Autorin hat ihre 14 Schicksale genial durchdacht und immer wieder miteinander verwoben. Figuren tauchen wieder auf, andere verschwinden.. Von manchen hört man gar nichts mehr. „Heimkehren“ schockiert und fesselt und geht ganz tief unter die Haut. Dieses Buch muss man einfach gelesen haben!